: Kein Quantum Trost
Mit gewiefter Defensivarbeit à la Ottmar Hitzfeld sichert sich der FC Bayern München einen 2:1-Auswärtssieg beim beherzt spielenden FC Schalke 04
AUS GELSENKIRCHEN DANIEL THEWELEIT
Diese Bundesligasaison gehört zu den unterhaltsamsten der jüngeren Vergangenheit, kein Wunder, dass da auch die Spitzenbegegnungen halten, was sie versprechen. Das 1:2 von Schalke 04 gegen Bayern war lange Zeit ein hinreißend gutes Fußballspiel. Die Zweikämpfe waren intensiv, die Spielzüge durchdacht, die Tore schön – ein echtes Topspiel.
Schon die ersten Minuten waren an Rasanz nicht mehr zu überbieten. Nur zwei Minuten und 18 Sekunden dauerte es, da waren die Münchner nach einer wunderbaren Kombination in Führung gegangen, Toni Kroos passte zum aufgerückten Mark van Bommel, der zur Grundlinie durchgelaufen war, und den folgenden Rückpass schob Luca Toni zum 0:1 in die kurze Ecke. Die Arena war geschockt, wurde aber nach wenigen Momenten wieder erlöst. Vier Minuten und 13 Sekunden zeigte die Uhr, da durften auch die Schalker jubeln. Jefferson Farfan traf nach Vorlage von Rafinha aus spitzem Winkel, es stand 1:1, und alle Fans hatten eine schaurig-schöne Achterbahnfahrt hinter sich.
Oft folgt auf solch einen Beginn eine Phase der Temporeduktion, nicht jedoch in dieser Begegnung. Schalke startete einen hingebungsvollen Sturmlauf, sie gewannen fortan praktisch alle wichtigen Zweikämpfe im Mittelfeld, erspielten sich unzählige Ecken und Freistöße in Strafraumnähe, immer wieder grätschten Lucio und Martin Demichelis den Ball in höchster Not aus dem Strafraum. Das einzige Problem der Gastgeber: Richtig gute Möglichkeiten ergaben sich höchstens nach Fernschüssen. Einen Versuch von Fabian Ernst kratzte Rensing aus dem Winkel (20.), Jermaine Jones’ Versuch strich knapp am Tor vorbei (28.). Es war wohl die beste halbe Stunde von Schalke 04 unter Fred Rutten. Doch dann folgte der Schock.
Die Bayern haben ja noch Franck Ribéry, der gerade wieder seine Form der Vorsaison findet, und ohne Vorankündigung erzielte der Franzose das 1.1. (31.) Nach einem sehenswerten Doppelpass mit dem herbei sprintenden Zé Roberto, der wieder Philipp Lahm auf der linken Abwehrseite vertreten musste, erzielte Ribéry sein viertes Tor im vierten Spiel hintereinander. Verdient wars nicht.
Auch die zweite Hälfte begann dann, wie weite Strecken der ersten verlaufen waren. Schalke drückte und hatte Standards, kombinierte stark durchs Mittelfeld, doch im Strafraum fehlte die Durchsetzungskraft gegen die engagiert verteidigenden Bayern. Es war kein Klinsmann-Fußball, es war das Gegenteil von Dominanz, aber die Stabilität des Münchner Kollektivs war beeindruckend. Klinsmann gewinnt mit Hitzfeld-Fußball könnte das Resümee lauten, denn mit zunehmendem Spielverlauf gelang es den Gästen sogar mehr und mehr, das Spiel in die Schalker Hälfte zu verlagern. Die Partie verflachte ein wenig, und eine richtig gute Torgelegenheit hatte Schalke trotz eines Eckenverhältnisses von 18:1 am Ende nicht mehr. „Klinsmann hat eine sehr erfahrene Truppe, die sind in den letzten Wochen immer besser in Form gekommen“, hatte Rutten vor der Partie erklärt, er sollte Recht behalten.
Für Klinsmann ist es eine recht schöne Serie. Nach fünf Siegen hintereinander sind die Münchner in der Spitzengruppe der Tabelle angekommen, die „Klinsmann-Raus“-Rufe dürften verstummen. Dafür droht den Schalkern nun ein Absacken ins Mittelmaß. Zwar hat das Team zuletzt zweimal auswärts gewonnen, in ihren Partien gegen Kontrahenten aus dem oberen Tabellendrittel sind sie im laufenden Jahr aber noch sieglos. Da ist auch ein schön anzusehendes Spiel nur ein schwacher Trost.