: „Chemie-Ali“ gegen die Amis
Saddam Hussein organisiert die Verteidigung: Alte, berüchtigte Vertraute werden Befehlshaber der vier Militärzonen. Der Kernbereich des Landes mit der Hauptstadt wird seinem Sohn Qusay unterstellt
KAIRO taz ■ Die irakische Regierung bereitet sich auf den Tag X vor. In einem Präsidialdekret unterteilte Saddam Hussein den Irak jetzt in vier Militärzonen. Damit, so heißt es in der im staatlichen Fernsehen verlesenen Erklärung, soll „der ausländischen Aggression begegnet und sie zerstört werden“. Saddam Hussein selbst behält die direkte Kontrolle über die praktisch nicht mehr existente Luftwaffe, die Luftabwehr und die Boden-Boden-Raketen. Ansonsten verlässt er sich auf alte Vertraute mit zweifelhaftem Ruf.
Der Süden des Landes mit der zweitgrößten Stadt Basra wird Ali Hassan Al-Majid unterstellt. Im Irak auch allgemein bekannt als Chemie-Ali gilt Al-Majid als der Architekt der Operation Anfal, bei der 1988 bei dem Einsatz chemischer Waffen an einem Tag mindestens 5.000 aufständische Kurden ums Leben gekommen waren. Wohl nicht von ungefähr wurde „Chemie-Ali“ jene an Kuwait angrenzende Zone zugeteilt, von der die Hauptstoßrichtung des amerikanischen Angriffs erwartet wird. Das irakische Regime hofft wohl, dass die implizite Drohung des Einsatzes von Chemiewaffen, falls sie existieren, den amerikanischen Vorstoß verlangsamen würden.
Den Norden bekam der zweite Mann des Revolutionsrates, Ezzat Ibrahim, zugeteilt. Ibrahim war zur Zeit der Anfal-Operation Vizekommandeur der irakischen Armee und Mitglied des Revolutionsrates für die Angelegenheiten des Nordens, der am 20.Juni 1987 die Direktive SF/4008 herausgab, in dem zu „Spezialangriffen“, dem Codewort zum Einsatz chemischer Waffen aufgerufen wurde, um „die größtmöglichste Zahl von Personen zu töten“. Die bergigen Region des Nordens gilt neben den Städten als eine der wenigen Gegenden, in denen die irakische Armee Widerstand gegen vorrückende US-Truppen leisten könnte
Den Bereich Bagdad und Zentralirak, also auch Tikrits, dem Heimatort Saddam Husseins, wurde dessen jüngeren Sohn Qusay unterstellt. Der 36-Jährige steht ansonsten den Republikanergarden und dem allmächtigen Internen Sicherheitsapparat vor. Er ist jetzt beauftragt, die Verteidigung der Hochburgen von Saddams Macht zu organisieren. In Bagdad selbst sind allerdings bis heute wenig Vorbereitungen spürbar. Es gibt kaum Truppenbewegungen. Hier und da wurde eine Sandsackposition aufgebaut. Regierungsgebäude wurden inzwischen in Erwartung der Bombardements ausgeräumt.
Die letzte Militärzone, der zentrale Euphrat-Bereich, wurde dem weniger bekannten Mizban Khadr Hadi übergeben, Mitglied des obersten Revolutionsrates und hoher Funktionär der regierenden Baath-Partei.
De US-Militärs zeigen sich wenig beeindruckt. Als „einen Akt der Verzweiflung“, bezeichnete David Petraeus, der Kommandeur der 101. US Luftlandedivision, die im benachbarten Kuwait auf ihren Einsatz wartet, Saddam Husseins Kriegsvorbereitungen. Der Schritt zeige, dass er den existierenden Militärstrukturen nicht mehr traue, erklärte der US-General. Dagegen schienen die Kriegsvorbereitungen auf amerikanischer Seite in der letzten Phase. Angeblich, so heißt es aus Berichten aus dem US-Hauptquartier im Golfemirat Katar, sollen die konkreten Angriffspläne den Brigadekommandeuren übergeben worden sein, die jetzt die Aufgaben der einzelnen Bataillone und Einheiten ausarbeiten. KARIM EL-GAWHARY