Auch Stolpe meidet jetzt die Klimaschützer

Während bald jede deutsche Fabrik ihr eigenes Klimaziel akzeptieren muss, versucht der Verkehrsminister zu mauern

BERLIN taz ■ Mit einem Affront des Verkehrsministers begann gestern die Verständigung zwischen Fraktionen und Regierung der rot-grünen Koalition über den Emissionshandel. Zehn Minuten vor Beginn der Sitzung ließ sich Manfred Stolpe (SPD) entschuldigen und schickte einen Referenten. Das erfuhr die taz gestern aus Regierungskreisen. Eigentlich war er zusammen mit dem federführenden Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und mit Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) von der Fraktion eingeladen worden, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Clement schickte immerhin seinen Staatssekretär.

Das Fehlen Stolpes spricht Bände. Neben der Industrie entwickelt sich der Verkehrsminister im Moment zum Problem für den Klimaschutz. Stolpe weigert sich, sektorale Klimaziele für seine Bereiche Verkehr und Gebäude zu akzeptieren. Im Rahmen der Vereinbarung des Emissionshandels mit der Industrie plant Trittin, auch die Ziele für die einzelnen Bereiche Verkehr, Energie, Industrie und private Haushalte (Gebäude) neu und schärfer zu fassen – weil sonst allein die Industrie sich festlegen müsste. Trittin fand darin gestern die Unterstützung der Fraktionen. Stolpe dagegen hat die Autoindustrie im Nacken. Das Verkehrsministerium hatte schon das Nationale Klimaschutzprogramm 2000 lange blockiert. Dessen wichtigste Maßnahmen, Lkw-Maut und Ausrichtung der Kfz-Steuer auf Klimagas-Ausstoß, sind bis heute nicht wirksam, die Ökosteuer ist eingefroren. Allein dem Ölpreisschock verdankt es Stolpe, dass die Verkehrsemissionen seit 1998 um 0,5 Prozentpunkte leicht sanken. In der Klimaschutzstrategie vereinbart waren aber 1,5 bis 2 Prozentpunkte bis 2005. Das ist wohl nicht mehr zu schaffen. „Es kann nicht sein, dass ein Minister, der für vierzig Prozent der Treibhausgase verantwortlich zeichnet, sich einfach aus der Debatte davonstiehlt“, kritisierte der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske.

Abgesehen davon waren er und sein SPD-Kollege Michael Müller mit dem Treffen zufrieden, weil man sich über einen Zeitplan einigen konnte, der „eine intensive Einbeziehung der Regierungsfraktionen sicherstellt“. MATTHIAS URBACH