Redakteurstreik verdünnt Blätter

Streik: Erstmals seit 15 Jahren haben gestern Journalisten ihre Griffel in sieben Bundesländern unbefristet fallen lassen für ein besseres Angebot der Verleger

BERLIN dpa/afp/rtr ■ Im Tarifstreit bei den Tageszeitungen haben gestern nach Gewerkschaftsangaben hunderte Redakteure einen unbefristeten Streik begonnen. Zahlreiche Zeitungen dürften heute daher nur in verringertem Umfang erscheinen. Die Zeitungsverleger forderten die Journalistengewerkschaften auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Allein in Niedersachsen traten Ver.di zufolge rund 300 Redakteure bei vier Verlagen in den unbefristeten Streik. Betroffen waren das Verlagshaus Madsack, wo Hannoversche Allgemeine und Neue Presse erscheinen, das Göttinger Tageblatt, die Nordwest-Zeitung in Oldenburg, der Weser-Kurier sowie die Bremer Nachrichten. In Nordrhein-Westfalen wurden zehn Zeitungen bestreikt, darunter die Westdeutsche Allgemeine, die Bild NRW, die Westfälische Rundschau sowie die Neue Westfälische.

Auch bei der Süddeutschen in München legten Redakteure und Verlagsangestellte die Arbeit nieder. Wer meine, eine qualitativ gute Zeitung sei mit immer weniger Beschäftigten und immer schlechteren Arbeitsbedingungen zu machen, der sei auf dem Holzweg, sagte Ver.di-Bereichsleiterin Christa Hassenmalle. In Baden-Württemberg wurden Südwest-Presse und Mannheimer Morgen bestreikt.

Am Mittwoch hatten die Tageszeitungsredakteure in einer bundesweiten Urabstimmung mit 95-prozentiger Zustimmung die Weichen für die ersten Streiks seit 15 Jahren gestellt, nachdem Ver.di und Deutscher Journalistenverband (DJV) die Tarifverhandlungen Mitte Januar nach der fünften Runde abgebrochen hatten. Die Arbeitgeber verlangen eine zweijährige Nullrunde beim Gehalt, bis zu fünf Tage weniger Urlaub, eine Anhebung der Wochenarbeitszeit von 36,5 auf bis zu 40 Stunden sowie eine 25-prozentige Kürzung des Urlaubsgelds. Ver.di dagegen fordert branchenübliche Gehaltserhöhungen für die rund 14.000 Tageszeitungsredakteure, die Wiederinkraftsetzung des unveränderten Manteltarifvertrags sowie eine Regelung zur Beschäftigungssicherung. Die Druck- und Papierindustrie, mit der sich die Tageszeitungsbranche gewöhnlich vergleicht, hatte Gehaltserhöhungen von 1,5 Prozent im ersten und 1,7 Prozent im zweiten Jahr vereinbart.