Kohle-Chef fordert Zukunft für Walsum

Auf der ersten öffentlichen Anhörung zur Zukunft des Bergwerks Walsums kommen sich BürgerInnen, Kohle-Chefs und PolitikerInnen nicht näher. DSK-Chef Tönjes will von einem möglichen Ende des Kohleabbaus nichts wissen

Düsseldorf taz ■ Eine „sachliche und faire Debatte“ hatte der stellvertretende NRW-Landtagspräsident Helmut Linssen (CDU) als Leiter der Anhörung gefordert. Die gab es im Rahmen der rund viereinhalbstündigen Anhörung des NRW-Wirtschaftsausschusses zum Bergwerk Walsum dann auch. Das NRW-Innenministerium und die DSK-Spitze kamen mächtig ins Schwitzen. „Wenn das Gefährdungspotential am Niederrhein so hoch ist, warum insistieren sie dann noch auf den Kohleabbau des Bergwerks Walsum ?“, fragten unisono CDU-Sprecher Christian Weisbrich und der energiepolitische Sprecher der Grünen Reiner Priggen. Priggen vermisse die detaillierten Kosten, die seit einer EU-Verordnung von 2001 für jedes einzelne Bergwerk vorzuliegen hätten: „Man soll ohne Wissen für den Kohleabbau 564 Millionen Euro plus 50 Millionen Anpassung und 540 Millionen in späteren Zeiten vergeben“, kritisierte Priggen. Dafür werde er nicht die Hand heben.

Ein zentraler Punkt der Debatte war die Frage des Katastrophenschutzes. Für den Kreis Wesel machte dessen Vertreter Hans-Joachim Berg deutlich, dass bei einem großflächigen Rheindeichbruch der Kreis Wesel mit lediglich 30 Booten Probleme kriege: „Wir haben ein weltweit besonderes Katastrofenpotential.“ Man sitze an der Ausarbeitung eines landesweiten Katastrophenplanes, erklärte daraufhin Wolfgang Düren vom NRW-Innenministerium: „Hier besteht Handlungsbedarf.“ Die Städte Düren, Duisburg und DSK-Chef Bernd Tönjes wiesen daraufhin, dass bei einer Schließung Walsums, der Zeche Lohberg und der diskutierten Schließung der Zeche West 11.000 Arbeitsplätze verloren gingen.

Für die Bürgerinitiative Bergaubetroffener am Nieder-rhein sagte der Vorsitzende Klaus Friedrichs: „Schon 1985 hat der Bergbau zugesichert, die Auswirkungen zu halbieren und nur noch mit Blasversatz abzubauen.“ Eine solche Täuschung vergesse der Bürger nicht. Kein Sonderbetriebsplan sei rechtskräftig und immer nur mit dem Vorbehalt des sofortigen Abbaus versehen worden, was den bürgerlichen Rechtsschutzes eingeschränkt habe. Das Risiko einer Deicherhöhungen sei nicht analysiert worden.

Tönjes rechtfertigte die Dauer des Rahmenbetriebsplanes. Man hätte sich sonst den Vorwurf der „Salami-Taktik“ eingehandelt, so der DSK-Chef. Man habe versucht, die Ängste der Bevölkerung zu berücksichtigen. Auf die Frage des FDP-Parlamentariers Gerhard Papke, ob es nach den Signalen von Ruhrkohle-Boss Werner Müller für ein mögliches Ende von Walsum bereits ein Ausstiegsszenario gebe, wich Tönjes aus. „Eine konkrete Überlegung, Walsum vorzeitig zu schließen, gibt es bisher nicht.“ Man habe bisher 1,5 Milliarden Euro in das Walsumer Kernfeld investiert und wolle ab 2005 rund 400 bis 600 Millionen Euro in die Erschließung des Dinslakener Grabens stecken: „Dazu brauchen wir Investitionssicherheit – die Politik gibt da den Rahmen vor.“ ALEXANDER FLORIÉ