Wahl gescheitert

Serbiens Parlament weiter auf der Suche nach einem Präsidenten. Neue Sitzung auf unbestimmte Zeit vertagt

WIEN taz ■ Zum zweiten Mal scheiterte gestern die Wahl des serbischen Parlamentspräsidenten. Obwohl sich vier Parteien des „demokratischen Blocks“ zuvor „grundsätzlich“ über eine gemeinsame Regierung geeinigt haben sollen, platzte die Vereinbarung im letzten Moment: Die Demokratische Partei (DS) möchte den eigenen Kandidaten „sofort“ an der Spitze des Parlaments sehen, die Demokratische Partei Serbiens (DSS) erklärte sich bereit, der DS dieses Amt zu überlassen, jedoch erst nach einer Regierungsbildung mit einem DSS-Premier. Dabei sind Gespräche über die Verteilung der Ministerien bisher gar nicht auf die Tagesordnung gekommen.

Die DS habe sich „arrogant“ benommen und eine „hohes Maß an Verantwortungslosigkeit“ gezeigt, erklärte DSS-Chef Vojislav Kostunica. Die DSS habe ihren guten Willen bewiesen, indem sie auf eine Minderheitsregierung mit der Partei „G 17“ und dem monarchistischen Parteibund „Serbische Erneuerungsbewegung“ (SPO)-„Neues Serbien“ (NS) verzichtet habe und bereit gewesen sei, die DS mitregieren zu lassen. Die DS habe ein faires Angebot erhalten. Die nächste Sitzung wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.

Derweil bleibt Serbien ohne Präsident, Parlamentspräsident und Verfassung. Sollten sich die vier „demokratischen“ Parteien bis zum Monatsende nicht auf Regierung einigen, so spekulieren serbische Medien, könnte Kostunica den Abgeordneten der Milošević-Sozialisten anbieten, eine Minderheitsregierung zu unterstützen. Auch eine Regierung, die von der Partei eines der „prominentesten“ Häftlinge des UNO-Tribunals für Kriegsverbrechen, Vojislav Seselj, unterstützt wird, würde dem internationalen Ansehen Serbien schwere Schaden zufügen. Trotzdem sind sich in Serbien alle einig, dass Neuwahlen die denkbar schlechteste Lösung wären.ANDREJ IVANJI