Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Dies wird wieder eine Kopftuch-Woche. CDU-Chefin Merkel trifft sich mit den neuerdings politisch neutralen Generälen, der Kanzler mit Bush. Arme Bundeswehrsoldaten: Sie sollten sich schon mal irakkundig machen

taz: Was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Der Freitagabend.

Was wird besser in dieser?

Der Freitagabend.

Diese Woche streitet man sich erneut über Kopfbedeckungen, diesmal der baden-württembergische Landtag, der das geplante Kopftuchverbot berät. Ist das Gesetz, wie der Zentralrat der Muslime meint, faktisch ein „Berufsverbot für kopftuchtragende Lehrerinnen“ und Eingriff in das Recht auf freie Religionsausübung?

Mir ging schon zu meiner Zeit der Missbrauch von Unterrichtsstunden durch Informationsoffiziere der Bundeswehr auf die Nerven, während KdV-Berater keinen Zutritt zum Schulgelände hatten – dabei war Kriegsdienstverweigerung nicht mal illegal – und DKP-Veteranen keine Chance auf einen Lehrerjob bekamen. Und „Stoppt Strauß“-Plaketten-Träger Schulverweise bekamen. Gerade in Baden-Württemberg ließ der Kultusminister Mayer-Formfehler die Schulkinder „alle drei Strophen des Liedes der Deutschen“ lernen; also einschließlich des als Hymne verbotenen „… über alles“. Schade eigentlich: aber wenn, dann alles Agitatorische raus aus dem Unterricht.

Die französische Regierung hat gerade das Verbot islamischer Kopftücher an den Schulen beschlossen. Präsident Chirac meinte sogar, das Gesetz schütze „unsere Schule gegen religiöse und soziale Spaltungen“. Kann diese radikale Laizität Vorbild für Deutschland sein?

Interessant, dass die Pisa-Studie den deutschen SchülerInnen vor allem mangelnde Selbstständigkeit im Umgang mit ihren Aufgaben attestiert. Dann müssen wir ja nicht grübeln, warum sich in dieser Debatte jede Knackwurst zu Wort meldet – außer der absoluten Mehrheit der Betroffenen. Solange die Schüler und ihre Vertretungen kein allgemeinpolitisches Mandat haben, müssen wir über Agitations- und Betätigungsrechte für die Lehrerminderheit an den Schulen nicht diskutieren.

Besteht nicht die Gefahr, dass die Debatte über das Kopftuch islamfeindliche Tendenzen in der Gesellschaft verstärkt?

Zu Atatürks Öffnung der Türkei nach Westen gehört das Kopftuchverbot an türkischen Schulen und Universitäten, das bis heute fortgilt. Der Kopftuchstreit könnte dann produktiv werden, wenn wir ihn zum Anlass nähmen, über die erstaunliche Macht der christlichen Kirchen an deutschen Schulen zu diskutieren. Ansonsten ist es Donnergrollen des Türkeibeitritts-Wahlkampfes, zu dem die CSU die kommende Europawahl benutzen möchte.

Ganz unbedeckt will Angela Merkel die „neuen politischen Herausforderungen der Bundeswehr“ auf der Konferenz für Kommandeure erörtern. Da darf man doch gespannt sein: Schließlich hat es die Union ja geschafft, gleichzeitig für und gegen den Irakkrieg zu sein.

Die Abgänge hoher Militärs, die mit Strucks grundlegenden Reformplänen zeitlich einhergingen, sind eher der Öffentlichkeit als Frau Merkel unbemerkt geblieben. Vielleicht will sie Stimmung machen bei den Berufssoldaten, die ja, wie wir neuerdings glauben sollen, politisch ganz neutral sind.

Der Kanzler darf trotz seiner US-kritischen Haltung im Irakkonflikt nun doch bald wieder mit Bush im Weißen Haus speisen. Verheißt das wirklich Gutes für die transatlantischen Beziehungen?

Ja, und zugleich Schlechtes für die Jungs, die anschließend in den Irak müssen. Ein UN-Mandat sollte schon drin sein, Bush ist innenpolitisch unter Druck.

Ein bisschen Zuspruch kann Schröder ja schon brauchen. Schließlich war noch kein Kanzler so tief im Demoskopiekeller wie er. Um da wieder raus zu kommen, will er seinen möglichen Wählern einige Belastungen ersparen – nachdem er sie bei der Agenda 2010-Debatte noch für unverzichtbar erklärt hatte. Gestern beschlossen, heute abgeschossen, kann das noch irgendwer nachvollziehen?

Ach, die Sonntagsfrage! Die Leute wissen, dass nächsten Sonntag keine Wahl ist, und kühlen ihren Mut.

Und da nimmt Münti auch noch an einer Podiumsdiskussion mit dem schönen Titel „Eigenverantwortung statt Sozialismus“ sein.

Allerhand!

Während die einst ruhige Hand des Kanzlers allmählich immer heftiger zittert, erstarren die Grünen. Sollten sie ein bisschen mehr über Koalitionen mit den Schwarzen nachdenken oder sich schon auf die weichen Oppositionssessel freuen, wo man verbal endlich wieder radikal sein darf?

Die Kernachse, um die sich die Politik der letzten drei Legislaturen dreht, ist der „Umbau des Sozialstaates“. Hier haben die Grünen gesampelte Reste früherer FDP-Programmatik sozialliberaler Prägung zu bieten. Wer braucht das ?

Und was macht Borussia Dortmund?

Freitagabende kaputt.

FRAGEN: D. H.