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Archiv-Artikel

Der Schatten einer Palme im Winter

Wie die Illusion des Malens zugleich rekonstruiert und dekonstruiert werden kann: Die Kuratorin Klara Wallner stellt im Rahmen ihrer Ausstellungsreihe „subversiv, sexy und stilvoll – malerei heute“ elf MalerInnen in der Galerie Wewerka vor

von BRIGITTE WERNEBURG

Auch in der Berliner Galerienszene hält das programmatische Kuratieren von Malerei Einzug. Tatsächlich sind es die Kuratoren, die das Medium heute wieder in das Blickfeld des Betrachters rücken; keineswegs kommt diese Bewegung von der Kunstkritik, wie Klara Wallner in der Presseerklärung zu ihrer Ausstellungsreihe „subversiv, sexy und stilvoll – malerei heute“ schreibt. Die Kritik beobachtet – mal mehr, mal weniger begeistert – das Phänomen. Etwa jetzt bei Michael J. Wewerka. Der altgediente Berliner Galerist lud Klara Wallner ein, seine Galerie in der Budapester Straße mit einer dreiteiligen Ausstellungsreihe bis weit in den Juli hinein in einen Schauraum für aktuelle Malerei zu verwandeln.

Elf internationale Malerinnen und Maler stellt Klara Wallner vor, die sowohl figurativ wie auch abstrakt arbeiten. Sie malen um des Malens willen, aber auch um das Medium zu hinterfragen, in Hinblick auf seine Geschichte, seine Technik und den Kontext anderer bildgebender Verfahren. Was hat die Malerei, was Video, Performance, Installation, Fotografie, Film und Konzepte nicht haben? Was macht sie hier und heute vermeintlich so umgemein attraktiv?

Es war einmal eine große Errungenschaft, als sich das Bild von der Wand löste und als Ikone auf einem transportablen Bildträger bequem überall mit hingenommen werden konnte. Diese Leichtigkeit des Da- oder Dortseins ist der Kunst in ihrer heutigen Darstellungsform vielfach wieder verloren gegangen. Vielleicht liegt daher ein Reiz der Malerei in ihrer kompakten Form. Indiz dafür könnte die Rückkehr zu kleineren Formaten sein, die zu beobachten ist. Ein Rückzug ins Detail, in die Welt im Kleinen und Besonderen geht damit allerdings auch einher.

Es erstaunt also nicht, dass das Atelier des Künstlers, wie bei Steven Black, wieder ins Bild kommt. Der 30-jährige Australier gehört zu den Malern, die die Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig zuletzt so mannstark wie erfolgreich auf den Markt entlässt. Pastos modelliert er mit der Ölfarbe die Figur im Raum, der selbst nur blass skizziert, wie eine Art Vorzeichnung erscheint. Die fragile Balance zwischen dichten und luftigen Bildpartien unterstützt er mit der gedrängten Hängung seiner Leinwände als Bilderblock.

Auch Wawrzyniec Tokarski klebt seine Papierarbeiten eng an eng, Textfragmente und Headlines vom Tage, Bilder etwa von höchst aktuellem Kriegsgerät, montiert er so zu einer Schautafel überraschender Scherze und Schocks. Der Übergang zur Wand als Malgrund ist da schon ganz nah.

Die österreichische Künstlerin Flora Neuwirth, Jahrgang 1971, die die Strukturen der Kunst-, Design- und Architekturgeschichte von der klassischen Moderne bis heute untersucht, bringt dann auch den farbigen „Lichtschatten“ einer Palme auf der Wand auf: „Un jardin d’hiver“. Wenige Schritte davor hat auch Gunter Reski die Wand zu seinem ganz eigenem Spielmaterial erklärt und ein Gedicht von William Carlos Williams in Form einer vielfarbigen, verschlungenen Möbiusschleife zum Bild gemacht.

Den Stabreim von subversiv, sexy und stilvoll als Qualitätssiegel stammt übrigens von Sex-Pistols-Promoter Malcolm McLaren. Für Joachim Grommeks Arbeiten könnte er auch subtil, sexy und spielerisch heißen. Indem Grommek das Verhältnis von Malgrund und Oberfläche, von Material und Motiv in seinen Variationen zu bekannten Gemälden der Gegenwartskunst umdreht, rekonstruiert und dekonstruiert er leichthin die Illusion des Malens.

Die Ausstellung bei Wewerka geht bis zum 26. April, Budapester Str. 18, Charlottenburg, Dienstag bis Freitag 11–19 Uhr, Samstag 11–17 Uhr