kommentar : Das Profil muss Platt sein
Das ist kein Hoffnungsschimmer: Nur wegen einer Formalie konnte der Insolvenzantrag des Waldau-Theaters gestern nicht bearbeitet werden. Das erhöht bloß die Wartezeit, die Ungewissheit der Betroffenen. Dass sein Ressort die „Notbremse gezogen“ und „der Waldau-Theater GmbH die sofortige Einstellung der Zahlungen mitgeteilt“ habe, lässt Kultursenator Hartmut Perschau in einer gestern Nachmittag veröffentlichten Erklärung wissen.
Der Schritt erfolgt eher zu spät als zu früh: Die Geschäftsführung hatte das Traditionshaus schon längst manövrierunfähig gemacht – mit einer unerträglichen Selbstbedienungsmentalität. Und mit Buchungs-Tricks, die genau darauf angelegt scheinen, in einem normalen Controlling übersehen zu werden. Vielleicht ist die Kulturmanagement Bremen zu naiv, um ihren Auftrag befriedigend zu erfüllen.
Normalerweise allerdings ist die kriminelle Energie der Leiter von Traditionsbetrieben auch gering. Das liegt daran, dass diese meistens mit der Tradition verbunden sind, die sie verwalten. Niederdeutsche Schauspielkunst heißt die im Falle des Waldau-Theaters.
Der Grundfehler der Waller Speeldeel wäre demnach gewesen, sich in die Obhut eines Ortsfremden begeben zu haben, der mit dieser Sprache so viel anfangen konnte wie ein bayrischer Metzger mit Pinkel und Knipp.
Insofern bietet das vorläufige Ende des Waldau-Theaters tatsächlich eine Chance – nämlich die, zurückzukehren zu den Wurzeln. Und das alte Profil zeitgemäß umzusetzen: Professionelles plattdeutsches Theater ist möglich. Und würde sich, wenn in Bremen schon immer über 2010 gesprochen wird, in einem Europa der Regionen nicht schlecht ausnehmen. Wollte Bremens Kulturverwaltung wirklich Qualität und nicht Quote fördern, würde sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Benno Schirrmeister