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Archiv-Artikel

Das Volk darf nicht begehren

Der Senat entscheidet heute über die Zulassung des Volksbegehrens gegen den Bankenskandal. Initiator Grottian: Alle Signale stehen auf Rot. Er will nun vor dem Landesverfassungsgericht klagen

VON RICHARD ROTHER

Dem Volksbegehren zum Bankenskandal wird ein Riegel vorgeschoben. Denn der rot-rote Senat will auf seiner heutigen Sitzung aller Voraussicht nach die Einleitung des Volksbegehrens ablehnen. „Alle Signale stehen im Moment auf Rot“, sagte gestern der FU-Professor und Mitinitiator des Volksbegehrens, Peter Grottian. Dies habe er aus Senats- und Fraktionskreisen erfahren. Grottian kündigte an, im Fall einer negativen Entscheidung des Senats den Landesverfassungsgerichtshof anzurufen. „Das ist unausweichlich.“

Die Innenverwaltung, die eine Vorlage für den Senat erstellt hat, bestätigte gestern, dass das Volksbegehren heute auf der Tagesordnung des Senats stehe. Zum Inhalt wolle man sich aber nicht äußern, so ein Behördensprecher.

Laut Landesverfassung ist ein Volksentscheid zu Haushaltsfragen nicht zulässig. Damit zu argumentieren sei aber nicht stichhaltig, sagt Grottian. „Damit erklärt man engagierte Bürger für unmündige Kinder.“ Die Regelung, nach der Finanzthemen für Volksbegehren tabu sind, sei zutiefst undemokratisch. Zudem habe die Bürgerinitiative, die für das Volksbegehren mobilisierte, nicht das Ziel, durch das Volksbegehren mehr Geld zugunsten der Bürger zu bekommen. Im Gegenteil, es gehe jetzt darum, Geld, das für die Folgen des Bankenskandals aufgewendet werde, für den Haushalt zurückzugewinnen.

Die Initiative „Berliner Bankenskandal“ hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am 2. Januar rund 37.000 Unterschriften Berliner Bürger übergeben. Damit sollte ein Volksbegehren in Gang gesetzt werden, das die Rücknahme der so genannten Risikoabschirmung für Immobilienfonds der Bankgesellschaft und letztlich die Abwicklung des mehrheitlich landeseigenen Bankkonzerns zum Ziel hatte.

Dafür waren in einem ersten Schritt 25.000 gültige Unterschriften notwendig gewesen. Diese hatte die Initiative in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres gesammelt, die Studentenproteste waren ihr dabei mobilisierend zu Hilfe gekommen.

Mit der Risikoabschirmung bürgt das Land Berlin für Verluste aus Alt-Immobilienfonds der Bankgesellschaft in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro. Jährlich werden dafür rund 300 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt. Unklar ist, wie viel Geld in den nächsten 30 Jahren tatsächlich für die Risikoabschirmung, von der in erster Linie die Fondsanleger profitieren, ausgegeben werden muss. Die Schätzungen reichen von zwei bis acht Milliarden Euro.

Natürlich sei die Risikoabschirmung „nicht schön“, so PDS-Landeschef Stefan Liebich. Eine Insolvenz der Bankgesellschaft wäre aber für das Land noch teurer gewesen. Die PDS habe jedenfalls nie die Auseinandersetzung mit der Bürgerinitiative gescheut. Ob ein Volksbegehren rechtlich zulässig sei, müsse der Senat bewerten. „Diese Entscheidung nehme ich ihm nicht ab.“