: Widerstand statt Tee und Blumen
Empfang der Truppen Großbritanniens und der USA im Südirak fiel zunächst alles andere als herzlich aus
AMMAN taz ■ Der Kriegsplan war einfach. Die einrückenden Truppen marschieren von Kuwait ein und bewegen sich so schnell wie möglich Richtung Bagdad, ohne die südlichen Städte einzunehmen. „Man hatte erwartet, in den Außenbezirken der Stadt Basra kurz stehen zu bleiben und zu warten, bis der Bürgermeister herauskommt, Tee serviert und sich für die Befreiung bedankt“, erklärte ein britischer Militärexperte gegenüber der BBC sarkastisch. Basra lief in den Kriegsplänen eher unter der Rubrik „humanitäre Hilfe“.
Die Wirklichkeit sieht anders aus. Die hauptsächlich von Schiiten bewohnte 1,5-Millionen-Stadt wurde nun zu einem militärischen Ziel erklärt, wie ein Sprecher der britischen Armee einräumt. Am Stadtrand toben nun die Kämpfe. „Statt mit Rosen werfen die Schiiten jetzt Bomben auf die Amerikaner“, sagt der schiitische Kinderarzt Abdel Karim Hussein trotzig am Telefon in Basra. In der Ferne, sagt er, sei Artilleriefeuer zu hören. Erst gestern Abend gingen erstmals Berichte von einem Aufstand der Bevölkerung gegen regimetreue Kämpfer ein.
Was tatsächlich rund um und in Basra vor sich geht, ist unübersichtlich. Hussein erzählt, dass das Leben in der Stadt relativ normal verlaufe. Die Leute gingen zur Arbeit. Im städtischen Kinderkrankenhaus sei an diesem Tag das gesamte Personal erschienen. Die Wasserversorgung im Zentrum der Stadt laufe normal, Strom sei rationiert, aber die meisten Häuser in Basra hätten einen Generator.
Hilfsorganisationen warnen dagegen vor einer bevorstehenden humanitären Krise, wenn die Kämpfe um die Stadt andauern. Die Unterbrechung der Wasserversorgung sei das vorrangigste Problem. Mehr als 100.000 Kinder laufen Gefahr, aufgrund der unterbrochenen Trinkwasserversorgung krank zu werden, so ein UN-Sprecher.
Nach Angaben des Internationalen Roten Kreuzes, das vor Ort präsent ist, haben deren Ingenieure die wichtigste Pumpstation der Stadt notdürftig instand gesetzt. Dessen Sprecher Florian Westphal hatte zuvor erklärt, dass nur 40 Prozent der Bevölkerung in Basra Zugang zu Trinkwasser hätten, der Rest versorge sich möglicherweise aus dem Schatt al-Arab, der von Abwässern verseucht sei.
Alexander Renton, Pressesprecher der britischen Hilfsorganisation Oxfam in der jordanischen Hauptstadt Amman, sagte, die Menschen in Basra lebten bereits aufgrund der UN-Sanktionen in schwierigen Verhältnissen. Viele Kinder litten bereits vor dem Krieg an Unterernährung. Unglücklicherweise hänge die humanitäre Hilfe der Stadt nun ausschließlich von den militärischen Erfolgen der Invasoren ab. „Wenn der militärische Wagen entgleist, kommt auch die Hilfe zum Erliegen.“
Dass es für die Invasoren schwieriger als erwartet wird, liegt vor allem daran, dass man sich mit der Loyalität der im Irak lebenden schiitischen Mehrheit verrechnet zu haben scheint. Die Schiiten haben ein schlechtes Verhältnis zum sunnitischen Regime in Bagdad, das den Süden viele Jahre vernachlässigt hat. Erwartet worden war, dass ein schiitischer Aufstand gegen Saddam Hussein ausbricht, sobald die US-Truppen vor den Toren der südlichen Städte stehen. Ein großer Teil der irakischen Armee im Süden besteht aus Schiiten.
Schon vor dem Krieg hatten die geistlichen Führer der Schiiten in Kerbela zum heiligen Krieg gegen die USA aufgerufen, sollten diese den Irak angreifen. Ob es wirklich nur die Bagdad-treuen Kämpfer in Basra sind, die den Briten und Amerikanern Probleme bereiten, bleibt unsicher. Unsicher wie die Meldungen vom gestrigen Abend, nach denen in der Stadt ein Aufstand gegen das Regime ausgebrochen sein soll.
KARIM EL-GAWHARY