: Lebende Tableaux
Werkschauen Martin Parrs, Anri Salas und Jiři Georg Dokoupils für 2004 in der nördlichen Deichtorhalle geplant: Direktoren F. C. Gundlach und Robert Fleck präsentieren Programmatisches
von Petra Schellen
Was sie mit dem durchnässten Keller der Deichtor-Südhalle anfangen wollen, verrieten sie nicht. Auch nicht, wo das Depot der Gundlach‘schen Fotosammlung, Dauerleihgabe für das 2005 zu eröffnende „Internationale Haus der Photographie“, stattdessen sein soll: In beredtes Schweigen bezüglich des Umbaus der Südhalle hüllten sich gestern die Direktoren F. C. Gundlach und Robert Fleck. „Die Bausubstanz ist unter Kontrolle“, orakelte Fleck. Und nur zwischen den Zeilen fürchtete er bei der ersten offiziellen Präsentation des Leitungsduos, dass Leihgeber vor einem so unsicheren Depot zurückschrecken könnten.
Abgesehen davon wurden Transparenz-Bestrebungen dokumentiert: Die Südhallen sollen, ist der Umbau Anfang 2005 abgeschlossen, mit veränderter Raumaufteilung und Lichtsteuerung aufwarten; auch soll eine von außen zugängliche Gastronomie Teil des Gebäudes werden. „Verschiedene Publikumsschichten und Interessen“ sollen künftige Ausstellungen bedienen. Zudem sollen die Gundlach‘schen Bestände die Südhalle keineswegs blockieren, sondern Ausgangspunkt für Themen- und Einzelausstellungen sein.
Gleichberechtigt sollen Nord- und Südhallen-Präsentationen künftig ineinandergreifen. 2004 allerdings – während der Umbauphase – braucht sich die Schlüssigkeit dieses Ansatzes noch nicht zu erweisen. Bis dahin wird nur die Nordhalle bespielt – bis Ostern noch mit der Fotoausstellung Corpus Christi. Folgen soll im Mai das fotografische Werk Martin Parrs. Seine Mittelklasse-Studien, die den Protagonisten stets ihre Würde lassen, sollen Parrs Einfluss auf Künstler der jüngeren Generation offenbaren.
Unumstrittenes Highlight dieses Ausstellungsjahres wird allerdings die Werkschau des in Paris lebenden Albaners Anri Sala sein, dessen Kombination aus surrealer Atmosphäre und sozialen Themen ost-westeuropäische Umbrüche und sich neu bildende Wahrnehmungsraster offenbart. Sari, dessen „Tableaux Vivants“ oft verlorene Menschen in sich wandelnden Ambientes fokussieren, war 2001 Preisträger der Venezianer Biennale.
Den Oktober wird eine Retrospektive des in Prag geborenen Jiři Georg Dokoupil prägen, dessen 50. Geburtstag mit 350 seiner Gemälde, Fotos, Zeichnungen und Skulpturen gewürdigt wird; wichtiger Werkbestandteil sind die Ruß- und Reifenbilder des Künstlers, der seit 1985 ohne Pinsel malt. Für den Jahresabschluss ist dann die Schau Die Kunst des Spiegel mit Titelillustrationen aus fünf Jahrzehnten geplant: Gezeigt werden 150 in Spiegel-Auftrag enstandene Original-Illustrationen sowie die veröffentlichten Titel.
Ein ambitioniertes Programm, das allerdings nicht dauerhaft darüber hinwegtäuschen kann, dass die Deichtorhallen künftig nur noch eine Ausstellung jährlich selbst kuratieren können, wie Gundlach gestern einräumte. Mehr gebe das Budget nicht her.