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Archiv-Artikel

Warte nur, Waldau

Eröffnet: das Insolvenz-Verfahren der Bremer Komödie. Bleibt zu hoffen, dass der kranke Kulturträger vom Waller Ring den operativen Eingriff überlebt. Chancen hat er, weil das Triumvirat Nölle, Derda & Schroeder ihm nicht mehr den Puls fühlen darf

Als vorläufigen Insolvenzverwalter der Waldau-Theater GmbH hat das Amtsgericht gestern Rechtsanwalt Detlef Stürmann bestimmt. Zunächst stehe nun eine „Bestandsaufnahme“ an, um „Eckwerte für das weitere Vorgehen festzulegen“, bestätigte Ilka Köchy von der Kanzlei Schultz und Braun gestern den Auftrag. Sie bearbeitet gemeinsam mit Stürmann die Akte Waldau. Für gestern Abend waren erste Gespräche mit dem Aufsichtsrat geplant. „Uns ist klar“, so Köchy weiter, „dass wir kurzfristig handeln müssen, um nach Möglichkeit den Spielbetrieb fortzuführen.“

Damit wurde der Insolvenz-Antrag im zweiten Anlauf angenommen. Am Montag war ein erster Versuch durch Mitarbeiter gescheitert: Insolvenz anmelden dürfen nur Geschäftsführer. Jens Walter, im Januar zum kaufmännischen Leiter berufen, war aber vergangene Woche zurückgetreten. „Schließlich gibt es ja vor jeder Premiere eine öffentliche Generalprobe“, kommentierte Annette Ruppelt als Sprecherin des Theaters. Bei deren Scheitern gehe „die Premiere umso besser über die Bühne“.

Pikant: Überbringer des Antrags war Intendant Michael Derda. Der trug in der Tat den Titel eines Geschäftsführers – seit 1993. Sein Rücktritt hatte zu den Senats-Auflagen für die Waldau-Rettung Anno 2000 gehört. Ein halbes Jahr später war er wieder im Amt. Und, so heißt’s, mit einem erneut deutlich höheren Gehalt ausgestattet.

„Die hohen Verbindlichkeiten“ des Theaters, so Kultursenator Hartmut Perschau (CDU), „sind wesentlich verursacht durch unangemessene Bezüge der früheren Geschäftsführung.“ Hinzu komme deren „Geschäftsgebahren“. Dazu dürfte auch der selbstgenehmigte Dienstwagen des künstlerischen Leiters Derda zählen – und dass der am liebsten auf den Regisseur Derda zurückgriff, der gern den Schauspieler Derda besetzte. Klar: Dafür gibt’s Gage. Hauptverantwortlich fürs „Geschäftsgebahren“ war allerdings bis vergangenen Sommer Axel Schroeder, eingestellt vom Ex-Finanzsenator und damaligen Waldau-Aufsichtsratsvorsitzenden Ulrich Nölle (CDU) – auf Empfehlung der Kulturmanagement Bremen (kmb), wie Annette Ruppelt sagt. Empfehlung sei ihm „zu hoch gegriffen“, so kmb-Chef Volker Heller. Dass die behördlichen Controler den Namen ins Spiel gebracht haben, dementiert er jedoch nicht. Schroeder habe „als unbescholtener Kaufmann gegolten“. Die Vergangenheitsform ist bewusst gewählt: Mittlerweile wird ihm vorgeworfen, er habe im großen Stile Beraterverträge abgeschlossen – mit dem unbescholtenen Kaufmann Axel Schroeder.

Nölle ist entmachtet, Schroeder gefeuert, und die Antragsübergabe dürfte auch Derdas letzte Amtshandlung gewesen sein – die schmerzhafte Operation beendet die schädliche Schröpfkur. Bleibt das Problem der Immobilie: Die Größe von 508 Plätzen – zum Vergleich: das Schauspielhaus hat 332 – bedeutet ein erhebliches Risiko für Investoren.

Glaubt man den Bekenntnissen der Kulturpolitiker, stehen die Zeichen für einen Neuanfang in Walle dennoch gut: Es sei aber „noch viel zu früh, um darüber zu reden“, so die Sprecherin der Kulturdeputation, Carmen Emigholz (SPD). „Das könnte die aktuellen Verhandlungen gefährden.“ Auch die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Helga Trüpel, fordert, dass der Insolvenzantrag „nicht zum Ende des plattdeutschen Theaters in Bremen führen“ dürfe. Zugleich kritisiert sie den Kultursenator: „Ich bin extrem verschnupft“, sagte sie der taz: Darüber dass dem Theater „der Geldhahn zugedreht“ worden sei, habe es „keine Unterrichtung durch Perschau gegeben“. Ein Vorwurf, den Helge Rehders als Sprecher des Senators zurückwies: „Das war ein reiner Verwaltungsakt.“ Damit könne man nicht jedesmal in die Deputation gehen. Benno Schirrmeister