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Archiv-Artikel

Wenn Bremen bucht, passieren Fehler

Zwei weitere Fehlbuchungen beschäftigen die Behörden: Immobilienbesitzer bekamen 372.000 Euro doppelt. Und einem KFZ-Halter wurde Pfändung angedroht, weil die Landeshauptkasse über Monate einen Zahlungseingang nicht zuordnen konnte

Von kawe

Bremen taz ■ 87 Bremer Immobilienbesitzer hatten im Januar Glück: Insgesamt 372.000 Euro landeten doppelt auf ihren Konten. Einmal kam das Geld von der „Bremer Aufbaubank“ (BAB), einmal vom „Amt für Wohnung und Städtebauförderung“ (AWS). Mit der Summe, die für ein halbes Jahr im Voraus gezahlt wird, fördert das Land Bremen Immobilienbesitzer, die ihre Wohnungen an Sozialhilfeempfänger mit Berechtigungsschein vermieten. „Wir gehen davon aus, dass das Geld bald wieder auf das Konto des Amtes für Wohnungsbau zurückkommt“, sagt der Sprecher der Baubehörde.

Die Fehlüberweisung ist technisch einfach zu erklären: Die Auszahlung der Wohnungsbauförderung ist zum neuen Jahr vom Wohnungs-Amt auf die Aufbau-Bank übertragen worden. Das Amt für Wohnungsbauförderung hat aber nicht einfach die Überweisungsaufträge storniert, sondern, weil sie mit der neuen Software SAP arbeitet, eine Firma mit der Korrektur der Daten beauftragt. “Datenextraktion“ heißt dieser Vorgang. Die Firma ahnte offenbar nicht, dass schon zum 9.1. die Überweisung geplant war – und korrigierte die Daten erst am 13.1. Da hatte die Landeshauptkasse das Geld auftragsgemäß aber schon überwiesen. Bei der Bremer Aufbau-Bank waren die neuen Datensätze schon eingerichtet, die Überweisungen wurden pünktlich ausgeführt. Am 20.1. fiel der Vorgang auf – zu spät, die Landeshauptkasse hatte schon ein zweites Mal überwiesen. Diese Kasse, die alle Zahlungen für das Land abwickelt, trifft dabei keine Schuld – sie führt nur Anweisungen aus.

Ein klein wenig anders stellt sich das bei einem anderen Fall dar, bei dem es zwar um eine kleine Summe ging – dafür aber mit großen Folgen. 153,39 Euro KFZ-Steuer sollte Herr H. bezahlen – und er tat es brav. Es flatterte eine Zahlungserinnerung ins Haus mit dem freundlichen Hinweis, wenn die Summe „zwischenzeitlich bezahlt“ sei, könne man das Schreiben dem Papierkorb überantworten. Das tat Herr H. Doch dann kam eine „Ankündigung der Vollstreckung“, die ziemlich martialisch androhte: „Sehr geehrte(r) Steuerzahler(in), Sie haben trotz schriftlicher Mahnung den oben stehenden Betrag bisher nicht entrichtet. Wenn der rückständige Betrag und ggf. die gesetzlich verwirkten Säumniszuschläge nicht innerhalb einer Woche auf einem der angegebenen Konten der Kasse eingehen, muss die Vollstreckung eingeleitet werden.“

Und dann versöhnlich: „Falls Sie der Meinung sind, dass Sie zu Unrecht zur Zahlung aufgefordert wurden, geben Sie bitte die Gründe auf der Rückseite an und senden Sie dieses Schreiben zurück....“ Was der KFZ-Steuerpflichtige tat, mit dem deutlich lesbaren Hinweis, wann er auf welches Konto bei der Landeshauptkasse überwiesen hatte.

Wochen später brach er in einen Wanderurlaub auf. Da ereilte ihn ein Anruf seiner Bank, das Konto solle gepfändet wegen der angeblich nicht gezahlten KFZ-Steuer in Höhe von 153,39 Euro. Die Bank erklärte, dass das Konto vom Finanzamt beschlagnahmt und damit gesperrt werden würde, wenn sie die erneute Überweisung des Betrages nicht zulassen würde.

Der Wanderer stimmte in seiner Not zu – von einem gesperrten Konto lässt sich schlecht im Urlaub leben. Zurück in der Heimat begann dann die Arbeit der Aufklärung des Falles. Der Vorgang stammt aus dem Frühsommer 2003. Das Finanzamt Bremen-Mitte erklärte, es habe eine Software-Umstellung gehabt und noch nicht alle Mitarbeiter könnten mit der neuen SAP-Software umgehen. Es gebe ziemlich viele Gelder dieser Art auf dem „Verwahrkonto“.

Und warum waren die 153 Euro nicht zuzuordnen? Meist liegt das daran, dass unter dem „Betreff“ keine Aktenzeichen-Nummer oder kein Hinweis eingetragen ist, der die Zuordnung ermöglicht. Auf jedem der 84 Konten der Landeshauptkasse kommen täglich Dutzende von Zahlungen ein, die ohne „Betreff“ nicht zuzuordnen sind. In diesem Fall war der „Betreff“ aber korrekt vorhanden. Nur hatte der KFZ-Steuerpflichtige die Kontonummer benutzt, die auf dem Lastschriftträger im Brief des Finanzamtes angegeben war. Das hätte Herr H. nicht tun sollen. Denn dieses Konto ist ausschließlich für den Eingang der Vordrucke vorgesehen, die maschinell gelesen werden. Wer per Hand (oder Online-Banking) überweist, darf die angegebene Kontonummer auf gar keinen Fall abschreiben, sondern muss in seinem KFZ-Steuerbescheid nach der korrekten Konto-Nummer suchen. Im Chaos der SAP-Einführung war diese eklatante Fehlleistung des Steuerpflichtigen offenbar über vier Monate nicht zu korrigieren.

Das Finanzamt nahm den Fehler dennoch auf seine Kappe und formulierte: „Ich entschuldige mich für die eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme und hoffe auf Ihr Verständnis.“ kawe