: Große Erleichterung nach dem Nachsitzen
Die Kölner Haie schaffen doch noch den Einzug ins DEL-Halbfinale. Dort ist gegen Mannheim alles möglich
KÖLN taz ■ Hans Zach schaute mit gewohnt strengem Blick in die große Runde von Journalisten, die sich im Presseraum der Kölnarena zusammengerottet hatten. Der Trainer der Kölner Haie atmete tief durch. Dann sagte er: „Die Huskies haben uns alles abverlangt. Wir haben gekämpft und sind der verdiente Sieger.“ Kurz zuvor hatte sein Team die Kasseler Schlittenhunde mit 5:1 im siebten Spiel des DEL-Play-off-Viertelfinals besiegt und die nächste Runde erreicht, wenn auch mit Verspätung.
Denn eigentlich wollten die Kölner schon am Sonntag in Kassel ihren ersten Matchball verwandeln, wonach es auch lange aussah: Sie führten mit 2:0, fingen sich dann aber zwei dümmliche Gegentreffer ein und verloren schließlich unter Mithilfe von Schiedsrichter Gerhard Müller, der den Huskies ein Tor gab, das keines war. „Die Fehlentscheidung hat uns zusätzlich motiviert“, befand Zach nach der Nachsitzrunde. Große Erleichterung lag in den Worten des Trainer – verständlich: In der letzten Partie gegen Kassel spielte der KEC wirklich überzeugend, führte schnell mit 3:0 und bewegte 10.000 Zuschauer in der Kölnarena nach Spielende zu minutenlangen Ovationen. Stehend!
Der Erfolg gegen die Huskies versetzte auch das Kölner Team in einen Zustand des kollektiven Frohsinns: Zach tollte im Vip-Raum mit Kindern herum, auch der sonst so zurückhaltende Klubpräsident Heinz-Hermann Göttsch jubelte und strahlte. Verteidiger Brad Schlegel sagte nur: „Wir sind sehr glücklich.“
Vielleicht auch deshalb, weil ihnen allen zusammen klar war, dass sie das Schlimmste überstanden haben. In den Play-offs kann es in diesem Jahr nicht mehr so schwer werden wie gegen Kassel. Zwar trifft Meister KEC im Halbfinale nun gegen Vizemeister Mannheim, doch eine Niederlage gegen die starken Adler aus der Kurpfalz wäre keine Katastrophe. Gegen Mannheim, für viele Fachleute ohnehin das beste Play-off-Team der Liga, kann und darf man verlieren. Ganz anders hätte es ausgesehen, wenn Köln am Provinzklub Kassel gescheitert wäre.
Für Zach, der zu Beginn der Saison von den Huskies nach Köln gewechselt ist, wäre das Aus gegen seinen Exklub auch eine schwere persönliche Niederlage gewesen. Immerhin gingen die Haie als Tabellenzweiter in die Play-offs, Kassel als Siebter. Im Gegensatz zu den Huskies sind die Kölner steinreich. Der KEC-Etat liegt bei 6,5 Millionen Euro, Kassel muss mit etwa 1,5 Millionen weniger auskommen. Bundestrainer Zach, der sich durch seine Erfolge den Ruf eines Messias des deutschen Eishockeys erarbeitet hat, durfte das Kölner Meisterteam der Vorsaison nach seinem Gusto umgestalten. Er tat es ausgiebig: 14 Spieler tauschte der 53-Jährige aus.
Die DEL-Vorrunde lief für die Haie, abgesehen von einer chronischen Schwäche im Penaltyschießen (15 Niederlagen in 19 Shoot-outs), denn auch sehr ordentlich. Vor den Play-offs aber schien es dann, als werde Zach nervös. Der Coach erteilte sich selbst vorbeugend die Play-off-Absolution, indem er Sätze formulierte wie: „Ich habe die Mannschaft optimal vorbereitet. Wenn wir ausscheiden, war der Gegner eben besser.“ Als es in der Serie gegen die Huskies 2:2 stand, brillierte er mit Ausführungen über „anständiges Verlieren“. Die Geschäftsführung der Haie, die allwöchentlich eine 18.000 Zuschauer fassende Kölnarena zu füllen hat, war nicht besonders angetan von Zachs unpopulären Gedanken. Schätzungsweise 500.000 Euro Verlust hätte das frühe Aus für die Haie bedeutet. Daran denkt in Köln jetzt niemand mehr. Am Freitag kommt Publikumsmagnet Mannheim in die Arena. Eishockey-Fachmann Zach weiß: „Wer Meister wird ist jetzt völlig offen. Man könnte eine Münze werfen.“ CHRISTIANE MITATSELIS