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angesehenDer Tod und das Mädchen

Ein Farbfoto, etwa DIN A 2: Uferlandschaft aus der Vogelperspektive, im Hintergrund das Meer. Sattgrün leuchtet die Klippe, mittendrin ein winziger rosaroter Punkt. Ein Bild weiter das gleiche Motiv, etwas näher dran: Der rosa Punkt – das ist ein Mensch, der da liegt. Noch ein Schritt nach rechts: Eine hübsche junge Frau im Gras, jetzt ganz nah, das pinke Kleid um sie herum drapiert. Kaum zu erkennen: der Pfeil in der Brust der Frau. Eine Tote.

Doch zu früh gegruselt. Das tote Mädchen ist nur ein scheintotes Model in einer Bildsequenz von Izima Kaoru. Seit 1993 inszeniert der japanische Fotograf (geb. 1954) seine „landscapes“: mehrteilige Motivfolgen, die als Landschaftsszenen beginnen und sich dem versteckten Thema Tod Bild für Bild nähern. Seit letztem Wochenende zeigt das Kölner „Büro für Fotos“ frühe und aktuelle Arbeiten des Künstlers.

Die Bilder beschwören den schönen Tod, denn in Japan ist das Ableben kein Tabu. Im Gegenteil: Die japanische Kultur zelebriert und ästhetisiert das Lebensende, erhebt den Selbstmord zum formvollendeten Ritual. Im Kontext dieses stilisierten Sterbens sind Kaorus Toten-Landschaften zu lesen. Wunderschön sind seine Leichen, perfekt choreografiert: Im Kimono liegen sie auf Matten oder im Business-Kostüm auf einer Treppe, kopfüber, das lange Haar in Wellen treppab fließend. Sehr häufig sind die Toten Teil der Landschaft: Eine Frau mit leerem Blick kuschelt sich ins Geäst eines Baumes, der aussieht wie von Caspar David Friedrich gemalt.

Der Tod und das Mädchen: Tatsächlich sind es fast nur Frauen, die der ehemalige Modefotograf Kaoru in den „landscapes“ darstellt. Angeblich sind es die Todesfantasien der Models selbst, die der Künstler in Szene setzt – angesichts schwarz bestrapster Fetisch-Beauties, die leblos-lasziv in Pariser Apartments auf dem Boden liegen, mag man es nicht ganz glauben. Ein bisschen eigene Sex-und-Macht-Obsession wird wohl auch dabei sein.HOLGER MÖHLMANN

Izima Kaoru: landscapes with a corpse. Büro für Fotos, Schaafenstr. 25, Tel. 660 68 30, Di-Fr 13-18, Sa 11-16 Uhr

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