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Archiv-Artikel

„Das ist kein Sport, das ist Krieg“

Washington-Korrespondent Roger Horné (n-tv) über das amerikanische Fernsehen und den Krieg im Irak

Von STG

Roger Horné berichtet aktuell für n-tv aus Washington – und verfolgt so den Krieg im Irak auch aus amerikanischer Sicht.

taz: Herr Horné, noch nie hatten JournalistInnen so direkten Zugang zu den Militäroperationen wie in diesem Krieg mit seinen „eingebetteten“ Korrespondenten. Sagt zumindest das US-Militär. Stimmt das?

Roger Horné: Die Einbindung der Journalisten in den militärischen Bereich liefert ein eindringliches Bild. Aber ist es eindringlich genug? Wenn ich einen solchen Fernsehkrieg durchführen will, muss ich auch das Grauenvolle des Krieges zeigen. Dann kann ich nicht wie ein Teil der Amerikaner hingehen, beispielsweise die Bilder der Gefangenen oder von grauenhaft zerstümmelten Leichen ausklammern.

Wie bewerten Sie die Berichterstattung der US-Sender über den Krieg am Golf?

Zu vieles läuft hier zu unreflektiert über die Bildschirme. Vieles hörte sich in der ersten Woche an wie Sportberichterstattung. Das ist kein Sport, das ist Krieg. Vom Vormarsch wurde anfangs so berichtet, als sei das ein munteres Autorennen – wer erreicht zuerst Bagdad, die Briten oder die Amerikaner. Wobei es wirklich geht, bleibt dabei auf der Strecke.

Vorsichtig formuliert scheinen fast alle US-Sender eine gewisse Parteilichkeit an den Tag zu legen.

Es gibt eine gewisse Tradition in den USA, dass man – wenn es zum Krieg kommt – die politische Auseinandersetzung in den Schrank stellt und erst nach Kriegsende wieder herausholt. So lange gibt es hier nur Patriotismus, und das merkt man bei allen Sendern.

Welche Rolle spielen dabei die BBC und vor allem al-Dschasira, von dem WDR-Chefredakteur Jörg Schönenborn in Deutschland sagt, er sei ein wichtiges Korrektiv?

Das ist sicherlich richtig. Die BBC ist natürlich britisch – aber sehr, sehr objektiv. Und auch US-Sender übernehmen Material von al-Dschasira. Allerdings wird das dann immer klar eingeordnet: Es wird dazu gesagt, dass man hier einen anderen Blickwinkel präsentiert bekommt.

Das heißt, für die Sender ist al-Dschasira – anders als für die US-Administration – eine seriöse Quelle?

Auch die US-Administration nimmt al-Dschasira so ernst, dass alle maßgeblichen Politiker vor dem Krieg dort zu Gast waren. Und ja: Die Sender sehen das als journalistisch ernst zu nehmende Quelle – und natürlich als Konkurrenz.

Ihr Fazit: Informiert das US-Fernsehen trotz mancher Einschränkungen realistisch über den Krieg im Irak, oder ist das schon regierungskonforme Meinungsmache?

Regierungskonforme Meinungsmache würde ich nicht sagen. Aber es wird mit deutlichem Patriotismus berichtet. Und ich glaube generell, dass in Europa die Berichterstattung aller Sender breiter erfolgt als hier in den USA. INTERVIEW: STG