: „Über Erwerbslose hinweg“
Arbeitskreis erwerbsloser IG-Metaller kritisiert die Bremer Arbeitnehmerkammer. Deren Chef Endl verwahrt sich gegen die Vorwürfe – und lenkt doch ein
bremen taz ■ Scharfe Kritik an der Arbeitnehmerkammer übt der „IG Metall-Arbeitskreis Erwerbslose Bremen Nord“. Den Arbeitslosen lief anlässlich einer in der Kammer im Februar geplanten Tagung zu den neuen Hartz-Gesetzen die Galle über. „In dieser Veranstaltung kommen ausschließlich Menschen zu Wort, die sich die Auswirkungen der so genannten Hartz-Reform nur theoretisch erschließen können“, schrieben sie an Kammer-Chef Hans Endl. Als Erwerbslose seien sie zwar jetzt keine unmittelbaren Beitragszahler mehr – aber nach dem Gesetz immer noch Kammermitglieder. Umso weniger Verständnis „haben wir dafür, dass die Tagung ohne die bestehenden Erwerbslosengruppen im Lande Bremen abgehalten wird.“
Hinter dem Brief steckt nicht irgendwer. Unterzeichnet hat ihn beispielsweise der ehemalige Vulkan-Betriebsratsvorsitzende Fritz Bettelhäuser. Er ist selbst eines von mehreren hundert Opfern der Hartz-Gesetze, die nach der Werftenpleite beruflich auf der Strecke blieben – und von denen sich viele als Verlierer der Reform sehen, nachdem sie als ältere Bewerber im strukturschwachen Norden wenig Chancen hatten. Aber es geht Bettelhäuser und seinen MitstreiterInnen um mehr. „Von überall her karrt die Kammer ihre Experten für die Tagung“, schimpft er. „Leute mit Gehältern um 5.000 Euro brutto.“ Fachleute von Gewerkschaften, Arbeitsämtern, Senatsverwaltungen zwar – aber nicht welche mit „Angst im Nacken, wie sie künftig von 345 Euro im Monat zuzüglich einer ‚angemessenen‘ Miete leben sollen“. Das werde dazu führen, dass über die Köpfe von Erwerbslosen hinweg debattiert werde – und „zur Entpolitisierung der Mitglieder der Kammer.“
Der Kammerpräsident Hans Endl reagiert darauf verdutzt und „reichlich überrascht“. Die Verfasser des Briefes „haben wohl etwas in den falschen Hals bekommen“, sagt er. Er habe das Schreiben umgehend beantwortet – und die Kritiker für die nachmittägliche Plenumssitzung der Tagung eingeladen – um deutlich zu machen, dass sie nicht ausgegrenzt werden sollten. Die Arbeitnehmerkammer gehe vielmehr sehr kritisch mit den Hartz-Gesetzen um. Die Fachtagung sei die vierte Veranstaltung in einer Themenreihe dazu. Diesmal solle unter dem Aspekt der „Gender-Thematik“ mit Hilfe auswärtiger Experten auch die Bremer Probleme „gespiegelt“ werden. Der Titel: „Hartz-Reformen am Arbeitsmarkt. Was bedeuten sie für Frauen und Männer?“.
Der von den Kritikern dazu gemachte Vorwurf, „Kinder sind am schlimmsten betroffen, wenn Eltern keine Arbeit mehr haben“ – über Kinder müsse man reden, sei nicht fair. „Die Gefahr sei groß, dass gerade Frauen bei den Hartz-Gesetzen besonders schlecht wegkommen“, so Endl. ede