: Super Tuesday für Kerry
Aber noch geben sich die Gegenkandidaten nicht geschlagen. Für die Demokraten ist dies gut, denn die Wahlen bringen viel Publizität mit sich
AUS WASHINGTON MICHAEL STRECK
Der große Gewinner des ersten „Super Tuesday“ heißt John F. Kerry. Der 60-jährige Senator aus Massachusetts siegte in fünf von sieben Bundesstaaten und konnte den Vorsprung gegenüber seinen wichtigsten innerparteilichen Kontrahenten John Edwards und Wesley Clark deutlich ausbauen.
Kerry hat mit seinen Siegen die Erwartungen noch übertroffen. Auf dem Weg zum Herausforderer Bushs scheint er kaum noch aufzuhalten. Der Vietnamveteran hat bewiesen, dass er landesweit in der Lage ist, die Demokraten hinter sich zu scharen. So konnte er im „Swing State“ Missouri und im Südwesten mit seiner wachsenden Latino-Bevölkerung punkten.
„Dies reflektiert das enorme Bedürfnis nach einem Politikwechsel“, sagte er in der Wahlnacht. Ein weiterer Pluspunkt: Kerrys Unterstützung reicht über die Stammwähler hinaus. Auch moderate Republikaner und unabhängige Wähler fühlen sich von ihm angesprochen. Alle trauen ihm am Ehesten zu, Bush im November zu schlagen.
Edwards erreichte sein Ziel und eroberte den Bundesstaat seiner Kindheit. Da der jugendliche Senator auch in anderen Staaten respektable Platzierungen ereichte, bleibt er weiter im Rennen. Der „Sohn des Südens“ verkörpert nicht nur Optimismus, sondern trifft mit seiner Botschaft von der Überwindung des geteilten Amerika besonders in den rückständigen und von Rassenspannungen geprägten Südstaaten ins Mark der Wähler. Keiner der Kandidaten hat sich so ernsthaft und glaubwürdig dem Thema Armut in den USA verschrieben wie der 50-Jährige, der selbst, im Unterschied zu seinen Rivalen, aus einfachem Elternhaus stammt. Ob seine Ausstrahlung weit über den Süden hinausreicht, bleibt abzuwarten. Zum Vizepräsidenten reicht es schon jetzt allemal. Längst wird hinter den Kulissen über das Duo Kerry/Edwards laut nachgedacht – in den Augen vieler Politanalysten ein Dreamteam, das dem liberalen Neuengländer den Südstaatler an die Seite stellt.
Mit Clark, der in drei Staaten auf dem zweiten Platz landete, muss weiterhin gerechnet werden. Dennoch gilt nach Ansicht von Beobachtern: „He is dying another day.“ Nachdem er seine gesamten Ressourcen zuletzt fast ausschließlich auf Oklahoma konzentrierte, fehlen ihm nun Geld und Leute für den weiteren Wahlkampf. Dennoch landete er einen kleinen Überraschungscoup, indem er den einstigen Spitzenmann Howard Dean in vielen Staaten überrundete. Dean war erneut der große Verlierer des Abends. Nach seinen vorangegangenen Pleiten kämpft er nun mit dem Mut des Verzweifelten. Er denke nicht an Kapitulation, rief er seinen immer noch begeisterten Fans zu, und setzt nun alle seine Karten auf die liberale Westküste. Joe Lieberman dagegen warf enttäuscht das Handtuch.
Ein noch einige Wochen offenes Rennen könnte sich als sehr nützlich für die Demokraten erweisen. Nie wieder bekommen Kandidaten und Partei bis zur großen Nominierungsshow im Sommer so viel freie Sendeminuten und Aufmerksamkeit in den Mainstreammedien. Gerade jetzt, wo Bushs Ansehen gesunken ist, bietet sich Kerry & Co. die Gelegenheit, das Thema Irak, Kriegslügen, die Glaubwürdigkeitskrise der Regierung und Bushs mangelnde Fronterfahrung aufzugreifen. Wer hätte je gedacht, dass – nach dem Kiffer und Peacenik Bill Clinton – es einmal die Demokraten sein werden, die einen Republikaner der Fahnenflucht bezichtigen. So freuen sich schon jetzt deren Wahlstrategen auf die Verbalschlachten zwischen dem kriegserprobten John F. Kerry und dem Drückeberger George W. Bush.