Analyse: Der Arbeitsmarktpolitik droht das Ende
: Der Sieg des Wirtschaftsministeriums

In Nordrhein-Westfalen droht das Ende der aktiven Arbeitsmarktpolitik – der gegen den Bundestrend steigenden Arbeitslosenzahlen zum Trotz: Während die Arbeitslosenquote des größten Bundeslands im Januar um satte 0,5 Prozent auf 10,4 Prozent stieg, arbeitet SPD-Wirtschafts- und Arbeitsminister Harald Schartau weiter an einem Ausstieg aus der Fortbildung und Qualifizierung gerade für schlecht Ausgebildete. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurden bereits massiv reduziert.

Zwar stieg die Zahl der Arbeitslosen trotz einer Manipulation der Statistik im vergangenen Monat deutlich um 36.400 auf 914.000. Bundesweit sank die Zahl der Arbeitssuchenden dagegen leicht um rund 26.000 auf 4,597 Millionen. Minister Schartau setzt dennoch auf eine konsequente Umsetzung des von ihm miterarbeiteten Hartz-Konzepts. Doch das sieht Fortbildungen nur noch für hochqualifizierte Leistungsträger vor. Gering Qualifizierten bleibt dagegen nur die Vermittlung in den Niedriglohnsektor – und ökonomischer Druck: Um die Annahme schlecht bezahlter Billigjobs zu erzwingen, wurde die jetzt „Arbeitslosengeld II“ genannte Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau heruntergekürzt. Damit bleiben 345 Euro monatlich.

Hinter den Kulissen der rot-grünen NRW-Koaltion tobt derzeit der Verteilungskampf. Besonders umstritten: Mittel der Europäischen Sozialfonds in Höhe von über 195 Millionen Euro bis 2008. Schartau wolle das Geld in Transfergesellschaften und Sozialpläne stecken und so die Statistik bereinigen, ist in Düsseldorf zu hören – oder gleich klassische Unternehmensförderung betreiben. Eine entsprechende Initiative will der SPD-Landesvorsitzende am 3. März vor dem Landtagsausschuss für Arbeit und Soziales und dem Wirtschaftsausschuss präsentieren.

Gegen die rein wirtschaftspolitische Orientierung des Ex-Gewerkschaftschefs setzen die Grünen weiter auf arbeitsmarktpolitische Instrumente: Zwar sei eine Zerschlagung der Regionalsekretariate als lokale Bündnisse für Arbeit kaum noch zu verhindern. Doch der kleine Koalitionspartner glaubt an die Unterstützung von Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbänden – die und die Kommunen sollen wegbrechende Landesmittel ersetzen, um die an weitere Zahlungen gebundenen EU-Mittel doch noch abschöpfen zu können: „Alles andere wäre der endgültige Sieg des alten Wirtschafts- über das Arbeitsministerium.“

ANDREAS WYPUTTA