: „Neue Politik gegen Arbeitslose“
Bei den Arbeitslosenstatistiken werden Menschen in Qualifizierungsmaßnahmen nicht mehr mitgezählt. Ein Interview mit dem Ökonomen Rudolf Hickel über „schöne“ Zahlen
Bremen taz ■ taz: Die Arbeitslosenstatistik für den Januar zeigt einen wesentlich schwächeren Anstieg im Vergleich zum Vormonat als im Januar 2003. Ein Grund zum Jubeln?
Rudolf Hickel: Die Zahlen gehen nur deshalb zurück, weil die Arbeitslosenstatistik geschönt worden ist, nämlich dadurch, dass die Menschen, die in Trainings- und Weiterbildungsmaßnahmen gesteckt wurden, in der Statistik nicht mehr auftauchen. Man muss unterscheiden zwischen offener und verdeckter Arbeitslosigkeit.
Aber der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft, Wolfgang Clement, hatte doch im letzten Jahr angekündigt, für eine Übergangszeit beide Zahlen gegenüberzustellen, um einen Vergleich zu haben.
Eine gute Idee. Ich würde der Bundesregierung empfehlen, die verdeckte und die offene Arbeitslosigkeit auszuweisen. Damit würde man sich dem Vorwurf der Manipulation entziehen. Allerdings könnte man dann auch ganz klar die Abwanderung von der offenen in die verdeckte Arbeitslosigkeit erkennen.
Was ist Ihre Prognose für das laufende Jahr? Wird es einen Rückgang der Arbeitslosigkeit geben – auch in einer „ungeschönten“ Statistik?
Nein. Wir rechnen in diesem Jahr mit einem Rückgang von Arbeitsplätzen um 130.000, wenn man von einem Wirtschaftswachstum von 1,4 Prozent, einem Anstieg der Produktivität von 2 Prozent ausgeht. Das heißt, das Wirtschaftswachstum reicht nicht aus, um Arbeitsplätze zu schaffen. Sollten die Arbeitslosenzahlen also zurückgehen, wenn gleichzeitig Arbeitsplätze abgebaut werden, kann das nur an der geschönten Statistik liegen. Menschen haben dann keine Arbeit gefunden, sondern wurden hin und her geschoben.
Wie schlägt sich Hartz auf die Zahlen nieder?
Ein Erfolg der neuen Arbeitsmarktpolitik – oder besser der neuen Politik gegen Arbeitslose – sind die schärferen Kontrollen, ob jemand Anspruch auf Leistungen hat. Außerdem muss jemand, der gekündigt wird, sich sofort bei der Arbeitsagentur melden. Diese Leute kriegt man jetzt schneller aus der Statistik raus, weil sie in den Niedriglohnsektor abgeschoben werden durch Minijobs oder über die Vermittlung in Personal-Serviceagenturen. Fragen: Eiken Bruhn