piwik no script img

Archiv-Artikel

Weg mit den Regierungsfahnen

Betr.: „Unfriedliche Friedensdemo“, taz bremen vom 25. März 2003

Sinnsuche ist überall möglich. Man kann zum Beispiel Grünen- oder SPD-Fähnchen in den Wind hängen und schauen, wie sich das anfühlt. Man kann dies auch auf einer Anti-Kriegs-Demonstration tun. Dort wie überall wird man dann die Erfahrung machen, dass man tatsächlich als Grünen- respektive SPD-Fan durchgeht. Mit dieser Erfahrung kann man wiederum eigentlich alles machen bis auf eines: darüber in Katzenjammer ausbrechen.

Denn natürlich wollen Anti-Kriegs-Bewegte keine Regierungsfahnen auf einer Demonstration sehen. Was denn sonst? Grüne und SPD haben ihre Feldzeichen bis nach Afghanistan und in den Kosovo gebracht, an vorderster Front samt Joschka Fischers „Auschwitz ist gleich Kosovo“-Vergleich. Eine ganz andere Folklore wurde da entwickelt. Die passt nicht zu Antikriegen.

Unter Rot-Grün hat sich die Bundeswehr zur weltweiten Armee entwickelt, an derzeit über 15 Einsatzorten wird Flagge gezeigt; nach den USA ist man zweitgrößte Truppenstellerin der Nato. An der EU-Eingreiftruppe will man das größte Kontingent stellen: Modernisierung, Eingreiffähigkeit, Konkurrenz mit den Militärs anderer Länder steht an erster Stelle. Rot-Grün ist Militärmacht, die Einstellung zur Bundeswehr instrumentell. Aus einer Position der Stärke und Interventionsfähigkeit will man – wie im Irak – auch mal „Nein“ sagen können. Rot-Grün hat das Militärische als Mittel des Politischen hoffähig gemacht. Daran kann man verschiedene Hoffnungen und Erwartungen knüpfen, aber eine nicht: dass man auf einer Anti-Kriegs-Demonstration das Fähnchen schwenken kann.

Also: keine Regierungsfahne = kein Konflikt auf Anti-Kriegs-Demonstrationen. Regierungsfahne = Konflikt. Ist doch logisch und so leicht zu merken. Torsten Schlusche