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Archiv-Artikel

Endlich in Ruhe arbeiten

Dana Horákovás ewige Finanzdebatte trägt Früchte: Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg freut sich über gestiegene Einnahmen und Zuschauerzahlen des Schauspielhauses

von Petra Schellen

Welches Resümee man auch aus dem Zerwürfnis zwischen Dana Horáková und Tom Stromberg ziehen mag – eins ist sicher: Das Machtspiel der Kultursenatorin hat funktioniert. Denn Schauspielhaus-Intendant Tom Stromberg redet – wenn auch widerwillig – viel über Zuschauerzahlen, bemüht mehr und mehr Klassiker, die unter anderem beträchtliche Schülermassen in das Haus ziehen, und verkündet stolz, dass er allmählich im Soll-Bereich angekommen sei: Schuldenfrei will er das Haus 2005 an Friedrich Schirmer übergeben, die Einnahmen entsprechen schon jetzt, so verkündete der Intendant gestern, den Forderungen des Aufsichtsrats.

Am triumphalsten aber waren und sind – ob dies künstlerische Qualität beglaubigt, sei dahingestellt –, die Zuschauerzahlen, die seit Romeo und Julia ins Unermessliche zu wuchern scheinen. Rund 11.000 Zuschauer werden das Stück bis Ende Februar gesehen haben. Und noch mehr des Triumphs wurde verkündet: 116.000 Zuschauer werden das Haus in dieser Spielzeit bis Ende Februar besucht haben – 22.000 mehr als im selben Zeitraum der vorigen Spielzeit.

Worin die Günde für die Steigerungen liegen, mochten Stromberg und Chefdramaturg Michael Eberth nur mutmaßen: „Seit man uns in Ruhe arbeiten lässt, ist die Akzeptanz deutlich gestiegen“, so Stromberg. Seit einer Spielzeit gebe es zudem kein Mobbing seitens der Kulturbehörde mehr, so Eberth: „Seither ist die Senatorin nicht mehr mit Defizit-Zahlen an die Presse gegangen. Da hatte ja zuvor eine völlige atmosphärische Vernichtung stattgefunden.“ Jetzt sei der Punkt erreicht, an dem die Zuschauer eine Bindung an Regisseurshandschriften und Schauspieler aufgebaut hätten – „auch der Boy Gobert-Preis für Wiebke Puls hat natürlich sehr geholfen“, so Stromberg. Deren gemeinsam mit Alexander Simon präsentierter Gesangsabend Mann trifft Frau habe – ebenso wie Romeo und Julia – einen Mitzieh-Effekt ausgelöst, der Hoffnung zu weiter sich verbessernden Zahlen gebe.

Auch Ingrid Lausunds Komödie Konfetti im Malersaal läuft so gut, dass die Regisseurin jetzt an einem eigens für Bernd Moss verfassten Solostück arbeitet. Und obwohl Stromberg stets beteuert, dass das Schauspielhaus das einzige große Sprechtheater Deutschlands sei, das so viele zeitgenössische Stücke auf der großen Bühne präsentiere, wird man doch den Verdacht nicht los, dass es sich hier um eine Unterwerfung handelt. Die Unterwerfung unter eine so stur an Zahlen orientierte kulturpolitische Argumentation, dass selbst dem Geistesgegenwärtigsten die künstlerischen Argumente abhanden kommen.