taz berlinalie Po-Platz-Klo-Kontrolle

Wo bleibt die Lieferung?

Die künstliche Stadt, die uns nun wieder zehn Tage was vormacht, hat sich ausgeweitet. Hinterm Hochhaus vom bösen Mehdorn steht jetzt das popelig schmale Ritz-Carlton. Ich parke mein Luxusfahrrad gleich neben dem Eingang – wenn Jack Nicholson ankommt, steht es hinterm Easy Rider im Fernsehen. Jetzt nur keine Schwellenangst. Nur weil man abgeranzt ist, muss man noch lange nicht zu arm fürs Ritz sein. Was sind schon 400 Euro für ein Zimmer. Hoffentlich springt der Druckknopf meiner Cordhose nicht auf, wenn ich die vergoldete Pforte passiere.

Wichtig: die Klokontrolle, denn am Po-Platz herrscht eklatanter Toilettenmangel. Die Waschbecken sind aus grünlichem Marmor, es gibt sternförmige Wasserhähne, auf denen Cold und Hot steht. Der Hammer aber sind die kleinen Handtücher. Hier trocknet man sich die Flossen nicht profan mit Schmirgelpapier, im Ritz nimmt man eins dieser flauschigen blütenweißen Handtüchlein und wirft sie danach in einen Handtuchschacht. Supersauber fläze ich mich in ein Sofa in der Lobby, direkt neben drei Russen, die völlig gestresst sind. Der Russe neben mir lässt sich seine goldene Kreditkarte rüberreichen, ruft einen Expressdienst an und sagt, man erwarte „die Lieferung“, könne aber leider, leider nicht bar bezahlen, das sei doch sicher kein Problem. Ich leihe mir einen Ritz-Carlton-Kuli vom Portier. Den gebe ich erst nach der Berlinale zurück. ANDREAS BECKER