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Archiv-Artikel

Durch Olympia die City beleben

Darmstädter Studie zur Hamburger Olympia-Bewerbung sieht Chancen für ökologisch-nachhaltige Spiele in der Hansestadt. Zugleich wird der Bau der Stadtbahn empfohlen. Hamburger Verkehrsplanungen widersprechen dem Olympia-Konzept

von MARCO CARINI

Die Stichworte lauten Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit. Das Projekt heißt Olympia 2012 in Hamburg. Ob und wie beides oberhalb des Spruchblasen-Niveaus zusammenzubringen ist, untersucht ein bislang unveröffentlichtes Gutachten der Technischen Universität (TU) Darmstadt, das vom Landesverband Hamburg des BUND in Auftrag gegeben wurde. Tenor der Studie, die der taz hamburg vorliegt: Olympia – richtig geplant – bietet die Chance, Hamburgs City zu beleben, Harburg und die Veddel besser an die Innenstadt anzuschließen und den Verkehr der Metropole langfristig umweltgerecht zu gestalten.

Aufgabe der Expertise war es, „das Bewerbungskonzept des Hamburger Senates kritisch zu durchleuchten und unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit Vorschläge zur Profilierung des Konzeptes zu erarbeiten“. Das Mode-Wort „Nachhaltigkeit“ definieren die Autoren der Studie dabei als die „ausgewogene Integration von Ökologie, Ökonomie und sozialen Aspekten – unter aktiver Mitarbeit der betroffenen und interessierten Bürger“.

In ihrem 44-Seiten-Papier haben sich die Darmstäder Experten intensiver mit den Chancen als mit den Risiken von Olympia auseinander gesetzt. Impulse für eine nachhaltige Stadtentwicklung sehen die Gutachter vor allem durch die „städtebauliche Anbindung der südlich der Elbe gelegenen Stadtteile Veddel, Wilhelmsburg und Harburg an die Hamburger City“. Dazu „sollte die Veddel unbedingt als Standort für olympische Aktivitäten erwogen werden“.

Der zweite Aspekt ist eine „Wiederbelebung der Innenstadt als Wohnstandort“. Hierzu müssten vor allem für Kinder und Jugendliche Möglichkeiten geschaffen werden, wo sie gefahrlos spielen können, aber auch der innerstädtische PKW-Verkehr deutlich eingeschränkt und verlangsamt werden.

Genau dafür bietet Hamburgs Olympiakonzept der kurzen Wege nach Ansicht der Gutachter große Chancen. Es gehe darum, für die Olympia-Bewerbung „stadtgerechte, nachhaltige Verkehrs- und Transportsysteme zu entwickeln, die auch nach den Sportweltspielen weiter bestehen“ könnten. Die Schwerpunkte Bahn, Fahrrad und Fußverkehr, die das Bewerbungskonzept formuliert, könnten auch im nacholympischen Hamburg die Mobilität neu strukturieren. Hier schlagen die Gutachter vor, „die ausgesetzte Planung der Stadtbahn für Olympia dringend wieder aufzunehmen“. Nach Kopenhagener Vorbild sei „den Bürgern und den Gästen der Stadt“ zudem „ein leistungsfähiges Fahrradleihsystem“ anzubieten.

Beim Thema Verkehr üben die Darmstädter Experten zudem auch einmal deutliche Kritik an den bisherigen Vorgaben des Senats: Der geplante Bau der Autobahnen A20 und A26 sowie die in „der Olympiabewerbung dargestellte Vernetzung der innerstädtischen Straßen“ würden zwangsläufig „noch mehr Autos in die Stadt ziehen“. Dies stünde dem Ziel „der nachrangigen Behandlung des Autos“ entgegen.

Um das Ziel der CO2-neutralen Spiele zu verwirklichen, fordern die TU-Gutachter, sämtliche Neubauten mit höchster Energieeffizienz (Passivhausstandard) auszustatten und die Stromversorgung im Gebiet um die Sportanlagen „auf regenerative Energieträger“ umzustellen.

Durch die geplanten „Sportstätten mit Landschaftsbezug“ – von der Ruder-Regattastrecke auf der Dove Elbe bis zum Mountainbike-Parcours in den Harburger Bergen – sehen die TU-Fachleute nur geringe Beeinträchtigungen der Natur. Sie empfehlen allerdings, die Kanuslalom-Anlage nicht wie geplant am Eichbaumsee, sondern im Hafengebiet nahe des S-Bahnhofs Veddel zu errichten.

Die große Frage ist nun, welche der Gutachtervorschläge die Hamburger Olympiaplaner in ihr Detailkonzept aufnehmen wollen. Zwar hat der Senat einen Umweltbeirat eingerichtet, der den Olympiaplanern Wege zu grünen Spielen aufzeigen soll. Klar aber ist auch: Die Vorstellungen der Darmstädter Gutachter und die wachstumsorientierte Stadtentwicklungs- und autozentrierte Verkehrspolitik des Hamburger Senats weisen in absolut gegensätzliche Richtungen.