: Revolte erfolgreich
Grüne Basis setzt Sonderparteitag zum Thema Sozialpolitik gegen den Widerstand der Führung durch. Konferenz wahrscheinlich Mitte Juni
aus Berlin ULRIKE HERRMANN
Die Basis hat sich durchgesetzt: Der grüne Sonderparteitag zum Thema Sozialpolitik findet statt. Das nötige Quorum wurde gestern erreicht; zehn Prozent oder 48 der 474 Kreisverbände haben ihn durch Mitgliederbeschluss gefordert. Weitere 18 Kreisverbände kündigten ein entsprechendes Votum an. Dies gab Wilhelm Achelpöhler bekannt; der Münsteraner Anwalt hat die Basiskampagne initiiert.
Die grüne Parteispitze wusste gestern offiziell nur von 27 Kreisverbänden, die einen Sonderparteitag fordern. Die anderen haben ihre Protokolle noch nicht nach Berlin geschickt. Dennoch wird nach einer geeigneten Halle gesucht: für den 14./15. Juni. Eigentlich sollte da der Länderrat tagen, dieser „kleine Parteitag“ wird jetzt umgewidmet. Statt 80 Delegierten werden nun etwa 800 zusammenkommen.
Die renitente Basis moniert, dass die Sozialpolitik der grünen Bundestagsfraktion nicht mehr den Parteiprogrammen entspricht. So wurde eine reduzierte Arbeitslosenhilfe bisher explizit ausgeschlossen.
Noch in der letzten Woche hatte Parteichef Reinhard Bütikofer einen Sonderparteitag als „politisch nicht richtig“ bewertet. Nun wird erkennbar, dass die grüne Spitze den ungeliebten Parteitag wenigstens nicht monothematisch gestalten will. Parteichefin Angelika Beer kündigte gestern an, dass neben der Sozialpolitik auch der Irakkrieg sowie die Trennung von Amt und Mandat debattiert werden sollten. Denn im Mai werden die Grünen in einer Urabstimmung entscheiden lassen, ob Parteichefs künftig auch im Bundestag sitzen können. Dies war Fritz Kuhn und Claudia Roth im Dezember auf dem Parteitag in Hannover verweigert worden; beide legten daraufhin ihre Vorstandsämter nieder, um weiterhin Abgeordnete sein zu können.
Achelpöhler zeigte sich nicht begeistert über die neuen Themen: „Es darf nicht passieren, dass wieder einmal keine Zeit ist, auf einem Parteitag über Sozialpolitik zu debattieren.“