Prekäre Selbstständigkeit

Das Institut Arbeit und Technik hat die Situation der „neuen Selbstständigen in der Informationsgesellschaft“ untersucht: Beruflich gefährdet sind vor allem die enormem Konkurrenzdruck ausgesetzten Freelancer

„Ich habe dann von meiner Wohnung aus weitergearbeitet. Das wiederum fand ich nach einem Jahr nicht mehr attraktiv. Man steht auf in dem einen Zimmer, geht arbeiten in dem anderen. Man hat Arbeit ohne Ende, aber immer das Gefühl, ich gehe nicht vor die Tür, ich bin arbeitslos. Es war sehr ungewohnt, der Austausch fehlte auch mit den Kollegen. Es war unpersönlicher, aber darauf muss man sich einstellen“ (Grafikdesigner).

Obwohl sich der Umsatz und das Image der „New Economy“ in den letzten Jahren deutlich verschlechtert haben, scheint die mit ihr gewachsene Erwerbsform der „neuen Selbstständigen“ für Computerfreaks und E-Lancer weiter attraktiv zu sein. So spielt sich das Gründungsgeschehen in Deutschland mittlerweile überwiegend im Bereich von Kleinstgründungen ab – bis hin zu den nicht selten belächelten Ein-Personen-Unternehmen.

Der Frage, welche Erfahrungen diese „kleinen“ Selbstständigen in ihrem Arbeitsalltag sammeln, auf welche Barrieren sie stoßen und wo sie gegebenenfalls Unterstützung wünschen, ist das Gelsenkirchener Institut Arbeit und Technik (IAT) gemeinsam mit dem DGB-Bildungswerk NRW in einer qualitativen und quantitativen Untersuchung nachgegangen.

Fazit: Die Wirklichkeit der Lebens- und Arbeitssituation der neuen Selbstständigen in der Internetwirtschaft ist ebenso vielfältig wie die Gründe, welche die Betroffenen zum Schritt in die Freiberuflichkeit bewogen haben. „Die simple Einordnung dieser Gruppe auf der Gewinner- und Verliererseite des Wandels von Arbeit macht deshalb wenig Sinn“, so Achim Vanselow vom IAT. Im Gegensatz zu berufserfahrenen Spitzenkräften, die sich selbstständig gemacht haben, stehen vor allem die dem enormen Konkurrenzdruck ausgesetzten Freelancer – sie hetzen häufig von einem Kurzprojekt zum nächsten, erzielen maximal die Hälfte des empfohlenen Honorars und können sich bestenfalls die Krankenversicherungsbeiträge leisten. Diese Freiberufler tragen ein hohes unternehmerisches Risiko, ihre Selbstständigkeit ist äußerst prekär. Ihnen fehlen häufig nicht nur notwendige kaufmännische und rechtliche Kenntnisse, sondern sie befinden sich auch in einem „Weiterbildungsdilemma“. Die kurzfristige Sicht bis zum nächsten Auftrag kann dazu führen, dass die Erweiterung des eigenen Qualifikationsspektrums – nicht zuletzt aufgrund der hohen Kosten – vernachlässigt wird, obwohl sie in technologieintensiven Wirtschaftszweigen für ihren Markterfolg existenziell ist. OS

Die Untersuchung „Neue Selbstständige in der Informationsgesellschaft“ kann beim IAT bestellt werden: Tel. (02 09) 17 07-1 76. Ein umfangreicher Ratgeber für E-Lancer im Internet abrufbar unter www.E-Lancer-NRW.de