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Archiv-Artikel

Meyer in der Krise In der Traumschiff-Fabrik platzen Träume

Mehr als 800 Jobs gefährdet

Bis zum Montag galt die Meyer Werft in Papenburg noch als niedersächsisches Vorzeige-Unternehmen. In guten Zeiten liefen hier zwei Luxusliner pro Jahr vom Stapel, Meyer machte 900 Millionen Euro Umsatz und hatte 15 Prozent Anteil am Weltmarkt. Doch jetzt gerät Meyer ins Schlingern. Leere Auftragsbücher und ein harter Preiskampf lassen die 1795 gegründete Werft – und damit die gesamte Region – stürmischen Zeiten entgegengehen.

Nachdem die Belegschaft in den Jahren 2000 und 2001 um 600 Arbeitskräfte aufgestockt worden war, sollen jetzt bis zum Jahresende 800 Beschäftigte entlassen werden. Gestern befasste sich sogar die niedersächsische Landesregierung mit der Meyer-Krise. Das Land werde das Unternehmen bei der Rettung möglichst vieler Jobs stützen, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. In den vergangenen Jahren hatten die Niedersachsen Meyer stark gepäppelt. 215 Millionen Euro von Land und Bund flossen in das umstrittene Emssperrwerk, das eigentlich verhindern sollte, dass die Werft eines Tages abwandert. Das im vergangenen Jahr in Betrieb genommene Sperrwerk staut die Ems, damit Meyers Schiffe gen Dollart schippern können. Auch in den Ausbau des Papenburger Stadthafens flossen öffentliche Millionen.

„Die Terroranschläge vom 11. September, eine schlecht laufende Konjunktur, der Krieg im Irak, ein schwacher Dollar – darunter leidet der Kreuzfahrtmarkt“, sagte Unternehmenssprecher Peter Hackmann.

Die Terrorangst habe der Branche stark geschadet: „1999, 2000, 2001 gab es Phasen, in denen 18 bis 19 Schiffe pro Jahr weltweit abgeliefert wurden. Seit dem 11. September wurden weltweit lediglich noch drei Kreuzfahrtschiffe geordert.“

In diesem Jahr wird in Papenburg nur noch ein Schiff fertig: Anfang August soll die „Serenade of the Seas“, ein 294 Meter langer Kreuzer für 2.500 Passagiere, übergeben werden. In den Büchern stehen für 2004 noch das Kreuzfahrtschiff „Jewel of the Seas“, eine Kreuzfahrtfähre und ein Passagierschiff.

Selbst bei erfolgreichem Abschluss von laufenden Verhandlungen gibt es laut Werft künftig nicht mehr genügend Arbeit für alle 2.600 Mitarbeiter. Derzeit schließen Experten eine Rückkehr zu alten Boomzeiten auf dem Kreuzfahrtschiffmarkt aus.

Das Emsland ist geschockt. An jedem Schiffsneubau haben Zulieferer einen hohen Anteil. „Meyer ist einer der größten Arbeitgeber in der Region“, sagt der IG-Metall-Bevollmächtigte Clemens Bollen. Etwa ebenso viele Arbeitnehmer wie auf der Werft selbst verdienen in anderen Betrieben durch die Aufträge von Meyer ihren Lebensunterhalt. Auch dort sind jetzt Arbeitsplätze bedroht. „Das könnten mehrere hundert sein“, schätzt der Gewerkschafter.

dpa/taz