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Archiv-Artikel

Eine Agenda für den nächsten Gipfel

Die G 20 muss die Rezession bekämpfen und das Finanzsystem stabilisieren. Vorschläge dafür gibt es genug

BERLIN taz ■ Die Regierungen der G 20 stehen vor zwei gewaltigen Herausforderungen: Sie müssen verhindern, dass sich die Finanzkrise zu einer neuen großen Depression ausweitet. Und sie müssen das Finanzsystem auf ein solideres Fundament stellen, um zu verhindern, dass immer neue, noch größere Krisen die Finanzmärkte und in der Folge auch die Realwirtschaft heimsuchen.

Zunächst einmal müssen die großen Volkswirtschaften über ihren neoliberalen Schatten springen und umfassende keynesianische Ausgabenprogramme beschließen. Fragt sich nur, ob damit wirklich nur die Produktion von noch mehr Geländeautos angekurbelt werden sollte. Greenpeace hat ein neun Billionen Dollar schweres globales Konjunkturpaket vorgeschlagen, um die Stromversorgung auf erneuerbare Energien umzustellen. BankTrack, ein Netz von Nichtregierungsorganisationen, fordert Auflagen für gerettete Banken, in sozial und ökologisch nachhaltige Industrien zu investieren.

Als Nächstes muss die Regulierung ernsthaft angegangen werden. Zu Recht fordert die Bundesregierung eine lückenlose Aufsicht, auch über Hedgefonds und über die Steueroasen. Fast alle der hochriskanten Deals werden über Briefkastenfirmen auf den Kaiman-Inseln oder Jersey abgewickelt, weit weg vom kurzen Arm der nationalen Bankaufseher. Hier besteht Hoffnung: Der künftige US-Präsident Barack Obama hat als Senator einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Steueroasen vorgelegt. Nötig wäre aber eine Aufsicht, die so grenzüberschreitend ist wie die Finanzmärkte. Barry Eichengreen, Wirtschaftsprof an der Uni Berkeley, hat eine Weltfinanzorganisation gefordert, analog zur Welthandelsorganisation (WTO), die globale Regeln aufstellen und deren Einhaltung durchsetzen soll.

Immer mehr Volkswirte weisen auf ein weiteres Problem hin, das die Märkte destabilisiert: Staaten wie die USA und China verschaffen sich Wettbewerbsvorteile auf dem Weltmarkt auf Kosten der anderen, indem sie ihre Währungen und damit ihre Exportgüter künstlich verbilligen. Die Devisenspekulation destabilisiert derweil ganze Volkswirtschaften, so derzeit Japan oder Ungarn. Die Väter des Nachkriegsfinanzsystems hatten deshalb wohlweislich die Wechselkurse fixiert. Die Teilnehmer der aktuellen Krisengipfel haben diese Frage offenbar nicht einmal auf dem Radar. NICOLA LIEBERT