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Archiv-Artikel

DIE PLANUNG DER EU-ARMEE GEHÖRT IN DEN KONVENT, NICHT AN DEN KAMIN Kerneuropa – die Idee ist alt und schlecht

Zugegeben, der Gedanke eines Kerneuropa ist reizvoll. Denn er verspricht die Verbindung der guten alten EWG-Zeiten mit den großen europäischen Projekten der Zukunft. Ein kleiner Kreis am Kamin debattiert über die Gründung einer Europäischen Armee. Doch die Idee eines Gravitationszentrums ist inzwischen fast zehn Jahre alt – und wer das Papier der Kerneuropa-Erfinder und CDU-Politiker Karl Lamers und Wolfgang Schäuble liest, erlebt ein seltsames Déjà-vu. Schon damals, als die Gemeinschaft noch nicht 27, sondern nur 12 Mitglieder hatte, war man überzeugt, sie sei zu groß geworden.

Trotzdem hat sich in diesen vergangenen zehn Jahren kein Kerneuropa gebildet. Denn durch die Bildung von einer oder mehreren Gruppen, die sich zusammenschließen, um in bestimmten Fragen enger zusammenzuarbeiten, würde die EU noch unübersichtlicher werden. Die Frage, wer politisch für was verantwortlich ist, wäre noch schwieriger zu beantworten. Nur ein Beispiel: Schon jetzt kursiert die Idee, für die Entscheidungen des Kerns ein eigenes Parlament zu schaffen. Besonders untauglich aber ist die Kerneuropa-Idee für die derzeit diskutierte Europäische Armee. Die Verteidigungsunion müsse offen für alle sein, betonte Bundeskanzler Schröder gestern im Bundestag. Doch schon Ende April wollen vier EU-Staaten beginnen, die Kooperation ihrer Armeen zu planen. Damit setzten sie einen Prozess in Gang, den sie immer dann, wenn ein weiterer Staat mitmachen möchte, revidieren müssten. In der Praxis kann das nicht funktionieren – denn für eine gemeinsame Armee müssen die Staaten ihre Rüstungspolitik langfristig aufeinander abstimmen.

Mit der Bereitschaft der Bundesregierung, sich an dem Vierergipfel zu beteiligen, setzt sie eine schlechte Tradition der deutschen Europapolitik fort. Sowohl bei der Einführung des Euro wie auch bei der Osterweiterung versuchte man, große öffentliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Daher hat Michael Glos von der CSU Recht: Deutschland sollte seine Teilnahme am Verteidigungsgipfel der vier absagen. Die Debatte über die Bildung einer Europäischen Armee darf nicht am Kaminfeuer, sie muss im Verfassungskonvent geführt werden. SABINE HERRE