„Stasi 2.0 wird es mit uns nicht geben“

Sachsens Jusos haben das BKA-Gesetz mit einem Antrag auf dem Landesparteitag aufgehalten. Ihr Chef Holger Mann will nun, dass die Onlinedurchsuchung gestrichen wird

HOLGER MANN, 29, ist seit vier Jahren Landesvorsitzender der Jusos in Sachsen. Er sitzt außerdem im Landesvorstand der SPD. Sein Geld verdient er als Geschäftsführer einer Entwicklungsgesellschaft im Leipziger Neuseenland.

taz: Herr Mann, wie fühlt man sich als derjenige, der das BKA-Gesetz gestoppt hat?

Holger Mann: Es ist ja noch nicht endgültig gestoppt, aber wir haben den Vormarsch bremsen können. Das BKA-Gesetz darf in seiner bisherigen Form nicht verabschiedet werden, denn es verstößt eklatant gegen Freiheits- und Bürgerrechte. Wir haben eines klar gezeigt: Die Onlinedurchsuchung muss aus diesem Gesetz verschwinden. Sonst wird es von der SPD Sachsen nicht mitgetragen. Und ja, wir sind froh darüber, Einfluss nehmen zu können.

Die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat sind denkbar knapp. War Ihnen das klar, als Sie auf dem SPD-Landesparteitag Ihren Antrag stellten?

Natürlich, wir sind ja keine Geisterfahrer. Wir wussten durchaus, welche Relevanz unser Antrag gegen die Verschärfung von Sicherheitsgesetzen hatte. Der Antrag hat zwar einen langen Vorlauf und war entstanden, als die Diskussion um das BKA-Gesetz noch nicht so weit gediehen war wie jetzt. So wenden wir uns darin auch gegen den Einsatz der Bundeswehr im Inneren oder das Luftsicherheitsgesetz. Aber an diesem Wochenende ging es um die Onlinedurchsuchung und damit das BKA-Gesetz. Und wir haben uns nach Kräften bemüht, hier ein Signal zu setzen.

Aus der sächsischen SPD-Fraktion hieß es neulich noch, man werde dem Gesetz wohl zustimmen. Haben Sie ihre Partei überrumpelt?

Nein. Tatsache ist, dass diese Frage bis zum Wochenende diskutiert worden ist. Es gab noch keine Festlegung, auch keinen Beschluss des Kabinetts oder eines anderen Gremiums. Im Gegenteil: Der Landesvorsitzende Thomas Jurk hat an diesem Gesetz gezweifelt. Er ist gelernter Funkmechaniker und überzeugter Internetnutzer und weiß daher die Gefahren der Onlinedurchsuchung einzuschätzen. Es mag also andere Meinungen gegeben haben, aber die Partei hat sehr klar gegen weitere Einschränkungen bei Freiheits- und Bürgerrechten entschieden. Wir mussten keine Türen eintreten. Die standen uns offen.

Die SPD hat sich in letzter Zeit nicht gerade als Bürgerrechtspartei profiliert. Wollen Sie einen anderen Kurs?

Wer die Jusos kennt, weiß, dass die meisten sich gegen eine weitere Beschneidung der Freiheitsrechte einsetzen. Das ist vielleicht auch eine Generationenfrage. Junge SPDler nutzen das Internet genauso stark wie andere Menschen in ihrem Alter. Die möchten nicht, dass der Staat ihnen beim Surfen über die Schulter guckt. Und für uns im Osten gilt ohnehin, dass wir gegenüber staatlicher Überwachung noch ein Stück sensibler sind. Stasi 2.0 ist mit uns einfach nicht zu machen.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Dieter Wiefelspütz sagte, er sei enttäuscht von der Entscheidung der SPD in Sachsen. Sind Sie enttäuscht vom Kurs der SPD in Berlin?

So würde ich das nicht sagen. Wir sind eine Partei mit einem breiten Meinungsspektrum. So haben uns viele Juristen und Sicherheitsexperten der Bundes- und Landesebene bei unserem Vorhaben ermutigt. Jetzt muss eben gemeinsam geschaut werden, wie es weitergehen soll.

Wie soll es denn weitergehen?

Nun ja, das Gesetz muss jetzt wohl in den Vermittlungsausschuss. Dann sollte die Onlinedurchsuchung daraus verschwinden. Alles Weitere ist Verhandlungssache, aber dafür sind die zuständig, die das den ganzen Tag machen können. INTERVIEW: DANIEL SCHULZ