: ‚NRW vorn‘ geht nach hinten los
Opposition hält geplante Imagekampagne des Landes für „verdeckte Parteienfinanzierung“ und verlangt parlamentarische Aufklärung. Landesregierung beklagt „demagogische Propaganda“
VON ANDREAS WYPUTTA
Im Streit um die geplante Image-Kampagne ‚NRW vorn‘ bestehen CDU und FDP auf parlamentarischer Aufklärung. Der Hauptausschuss des Landtages wird sich auf Antrag der CDU-Landtagsfraktion noch in dieser Woche mit dem Vorwurf befassen, NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) wolle die geplante Werbung für das Land Nordrhein-Westfalen in seine Wahlkampfstrategie einbinden und so öffentliche Ressourcen des Landes für die Sozialdemokraten instrumentalisieren. Die FDP will die Landesregierung sogar mit Hilfe einer so genannten „dringlichen Anfrage“ zur Antwort vor dem Landtagsplenum zwingen.
Der Verdacht der Opposition: Gerade bei der von Steinbrück angeregten Kofinanzierung der Werbekampagne durch große nordrhein-westfälische Unternehmen wie Telekom, RWE oder Degussa könnte es sich um eine „verdeckte Parteienfinanzierung“ handeln, so Helmut Stahl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion. Stahl stützt sich dabei auf Berichte, Steinbrücks Vertrauter Werner Kindsmüller wolle als Chef der politischen Planungsabteilung der Staatskanzlei die über sieben Millionen Euro teure Kampagne als „Baustein“ für Steinbrücks Wahlkampf nutzen. „Hier werden in selten dagewesener Weise Landes- und Parteiinteressen vermischt“, klagt auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Ingo Wolf.
Steinbrücks Regierungszentrale dementiert die Vorwürfe scharf: Der Ministerpräsident habe „die politische Neutralität von ‚NRW vorn‘ jederzeit betont“, so Staatskanzlei-Sprecher Walter Jakobs zur taz. Seit der Vorstellung Anfang Januar versuche die Opposition, die Kampagne zu torpedieren: „Reine CDU-Propaganda“ seien die Anschuldigungen der Opposition. Schließlich wolle sich die Landesregierung an der erfolgreichen Eigenwerbung des CDU-regierten Baden-Württemberg („Wir können alles, außer Hochdeutsch“) orientieren – und an der hätten die nordrhein-westfälischen Christdemokraten bisher keinerlei Kritik geübt. „NRW braucht ein besseres Image“, glaubt Jakobs: „Die CDU handelt gegen die Landesinteressen.“
Dennoch räumt die Landesregierung die Existenz des Kindsmüller-Papiers ein. Die Planungen des Steinbrück-Vertrauten seien aber „inoffiziell“ und damit „irrelevant“, so Regierungssprecher Oliver Schumacher zur taz. Steinbrück habe nichts von der Idee Kindsmüllers gewusst, die Pläne seien nicht mit dem Regierungschef abgesprochen gewesen. Außerdem sei noch überhaupt nicht entschieden, ob ‚NRW vorn‘ überhaupt umgesetzt werde. „Völlig aus der Luft gegriffen“ seien aber Presseberichte, die NRW-Wirtschaft habe nur geringes Interesse an einem Sponsoring – angeblich sollen von 75 zu einem Arbeitsessen geladenen Unternehmensführern nur neun erschienen sein.
Die FDP fürchtet nun, Steinbrück könne die Image-Kampagne auch ohne Sponsoren durchziehen wollen – im Einzelplan 20 des Doppelhaushalts 2004/05 seien zur Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit 8,4 Millionen Euro vorgesehen, die „problemlos umgeschichtet“ werden könnten. Und Christdemokrat Stahl fordert bereits völligen Verzicht: „Wenn die SPD eine Kampagne will, muss sie auch selbst zahlen.“