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Archiv-Artikel

In Sieben-Meilen-High-Heels

Die Bildunschärfen erzeugen Klarheit: „The Adventures Of Iron Pussy“ von Apichatpong Weerasetahakul im Forum

Ging es auf internationalen Filmfestivals in den letzten zwei Jahren um „diesen thailändischen Regisseur mit dem komischen Namen“, wusste eigentlich jeder, von wem die Rede war. Aussprechen konnte ihn trotzdem keiner. Leider werden wir auf der diesjährigen Berlinale keine Gelegenheit haben, Apichatpong Weerasetahakul um Aufklärung zu bitten. Er hat es nicht nach Berlin geschafft.

Dafür aber sein Film, der den schönen Titel „The Adventures of Iron Pussy“ trägt. Im asiatischen Kino ist Weerasetahakul ein kleines Phänomen. Mit einem Background im amerikanisch-europäischen Experimentalfilm seit den Siebzigen erzählte er in seinen ersten Filmen kleine Geschichten aus dem Blickwinkel eines Post-Strukturalisten. „Iron Pussy“ ist etwas ganz anderes.

Der Film eröffnet in einer Bar mitten im Dschungel – die Farben der Videobilder sind grell und gleichzeitig seltsam brüchig, wie auf einer thailändischen Raubkopie der dritten Generation. Eine Bande Halbstarker belästigt die Tochter des Barbesitzers, doch dann: Auftritt Iron Pussy, einer glatzköpfigen Drag Queen, die im Stile Bruce Lees Arschtritte mit Sieben-Meilen-High-Heels austeilt. Zum Dank gibt’s die erste Gesangseinlage. Iron Pussy wird danach von einer Gruppe Anzugträger, unter denen sich eventuell auch ein Premierminister befindet (der Regisseur ist sich da selbst nicht ganz sicher), auf den Sohn einer thailändischen High-Society-Familie angesetzt, der auf der Fahndungsliste von CIA, FBI, KGB und Scotland Yard steht. Iron Pussy geht undercover.

Spätestens hier sollte man aufhören, nach Sinn in der Geschichte zu suchen, und sich einfach dem Kostümspektakel hingeben. Weerasetahakuls Film ist eine schrille, aber harmlose Hommage an das asiatische Groschenkino mit seinem blumigen Sentiment und nachlässig choreografierten Musical-Einlagen. Die Bildunschärfen schließlich verhelfen dem abstrusen Treiben zu einer frappierenden Klarheit.

ANDREAS BUSCHE

Heute 15.30 Uhr, Cinemaxx 3; morgen 22.30 Uhr, Babylon