: Unfair geschmäht
Betr.: Leserbrief vom 1.4., taz bremen
Im Zusammenhang mit der diesjährigen Verleihung des Friedenspreises der Villa Ichon bin ich wiederholt persönlich angegriffen worden. Ich stelle dazu fest, dass ich weder zum Vorstand der Villa Ichon gehöre, noch etwas mit dem Hin und Her um den Preis für Dr. Martin Rooney zu tun habe. Ich habe als Zeitungsleser den Vorstand auf einen Leserbrief des Herrn Rooney hingewiesen, in dem die Friedensdemonstranten gegen den Irak-Krieg als Parteigänger des irakischen Diktators Saddam Hussein diffamiert wurden, und habe die Auffassung vertreten, dass dieser Mann einen Friedenspreis nicht verdient. Mein Hinweis erfolgte zu einer Zeit, als man die Verleihung des Preises und die nachfolgenden Peinlichkeiten noch hätte verhindern können. Aber die Mehrheit des Vorstandes war offenbar anderer Ansicht.
Meine Meinungsäußerung führte zunächst dazu, dass Rooneys Freund Giordano in polemischer Weise nach meiner Biographie fragte. Erstmals tauchte die bösartige Verdächtigung auf, ich hätte einen meiner beiden Doktortitel – später hieß es sogar: beide, also auch den mir 1996 von der Bremer Universität verliehenen Ehrendoktor – einer Nähe zum SED-Regime zu verdanken. Dies stellt nicht nur die Fairness, sondern auch die Glaubwürdigkeit des Herrn Giordano, der wohl seine eigene langjährige KPD-Mitgliedschaft (1947-57) kompensieren muss, in Frage.
Ich habe in meiner 40-jährigen Strafverteidigertätigkeit vielen Menschen vor Gericht beigestanden, deren Gesinnung mit der herrschenden konservativen Mehrheitsmeinung im Widerspruch stand: Gewerkschaftern, die gegen das Auftreten von Nazi- Kriegsverbrechern, Studenten, die gegen den Vietnamkrieg demonstriert hatten, Zeugen Jehovas, die den Kriegs- und Ersatzdienst verweigerten, Mitgliedern des Bundesvorstands der Grünen, die zur Fahnenflucht im Golfkrieg (`91) aufgerufen hatten, Terroristen, die in Isolationshaft zermürbt wurden (...). Das hat mir viel Anfeindung eingetragen. Aber ich bin weder Zeuge Jehovas, noch Terrorist, noch DKPist gewesen. Das einzige, was ich als Soldat im 2. Weltkrieg geworden und geblieben bin: Pazifist. Deshalb erlaube ich mir ein Urteil darüber, ob einer, der Antikriegsdemonstranten Sympathien für Saddam Hussein unterstellt, der richtige Mann für einen Friedenspreis ist. Ich hätte mir die Auszeichnung für die Frauen gewünscht, die seit Jahren auf dem Markt Mahnwache für den Frieden halten. Heinrich Hannover