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Archiv-Artikel

„Eine Insolvenz mit Perspektive“

Weil im Januar ein halb fertiger Luxusliner im Hafen auf Grund lief, muss die Bremerhavener Lloyd Werft jetzt Insolvenz anmelden. 2.000 Beschäftigte bangen um ihre Jobs. Lloyd wurde 1996 schon einmal gerettet – vom selben Insolvenzverwalter

AUS BREMEN MARKUS JOX

Am Werftenstandort Bremerhaven ist nun auch der letzte Schiffbaubetrieb vom Untergang bedroht: Die Lloyd Werft hat gestern beim örtlichen Amtsgericht Insolvenz beantragt. Geschäftsführer Werner Lüken teilte das der geschockten Belegschaft gestern Vormittag auf einer Betriebsversammlung mit. Die finanziellen Schwierigkeiten der Werft sollen vor allem durch die Havarie des Kreuzfahrtschiffes „Pride of America“ entstanden sein, das Mitte Januar – rund 3 Monate vor seiner Fertigstellung – bei Sturm an der Pier gekentert war und seitdem mit Schlagseite im Hafenbecken liegt.

Solange die Bergung des 300 Meter langen Luxusliners nicht abgeschlossen ist und es keine Gewissheit über die Ursache des Unglücks gibt, will der Reeder, die Norwegian Cruise Line mit Sitz in Miami, die fällige nächste Rate von angeblich 37,5 Millionen Euro nicht überweisen. Mithin sei die Entscheidung zur Insolvenz im Einvernehmen zwischen Geschäftsführung, Banken, Versicherung und Bremer Senat „als beste Lösung“ gefallen, sagte Wirtschaftssenator Hartmut Perschau (CDU).

Die Lloyd Werft beschäftigt unmittelbar rund 530 Arbeitnehmer, zu Spitzenzeiten arbeiten – die Zulieferbetriebe eingerechnet – 2.000 Menschen auf der Werft. Da man Bestandteil eines „maritimen Netzwerks“ mit klein- und mittelständischen Betrieben sei, hoffe er, „dass es jetzt nicht zu einem großen Flächenbrand in der Region kommt“, sagte Lloyd-Chef Lüken. Seine Werft sei „ein florierendes Unternehmen, das einzig und allein durch ein Unglück in Schwierigkeiten gekommen“ sei. Die Kapitaldecke des Unternehmens gilt jedoch als dünn.

Zum Insolvenzverwalter wurde der Düsseldorfer „Sanierungsexperte“ Wolfgang von Betteray bestellt, der auch für die Abwicklung des Kirch-Imperiums zuständig ist. Von Betteray war es auch, der vor knapp neun Jahren schon einmal die Geschicke der Werft in die Hand nahm – nach dem spektakulären Zusammenbruch des Bremer Werftenkonzerns Vulkan im Jahr 1996 wurde die Lloyd Werft gerettet.

Bereits in der letzten Woche hatte der Bremer Senat über eine Bürgschaft für die Werft nachgedacht. Man wolle jetzt „in wirtschaftlich verantwortbarer und rechtlich zulässiger Weise den Insolvenzverwalter bei der Fortführung der Werft unterstützen“, hieß es vorsichtig von der Landesregierung. Finanzsenator Ulrich Nußbaum, ein parteiloser Unternehmer aus Bremerhaven, lobte die Lloyd Werft als ein „an sich gesundes Unternehmen mit sehr gutem Know-how, hervorragendem Management und hoch qualifizierten Leuten“. Die jetzige Insolvenz sei mithin eine „Insolvenz mit Perspektive“.

Neben der ebenfalls in finanziellen Schwierigkeiten steckenden SSW-Fähr- und Spezialschiffbau GmbH ist Lloyd die letzte verbliebene Werft in dem mit einer Arbeitslosenquote von 18 Prozent geschlagenen Bremerhaven. Mit dem Konkurs des Vulkan-Konzerns war im Land Bremen die mehr als 200 Jahre alte Geschichte des Handelsschiffbaus zu Ende gegangen.