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Archiv-Artikel

Münteferings heimlicher General

Der offizielle Partei-General der SPD Klaus Uwe Benneter darf seinen Kopf in Talkshows zeigen. Um das Parteimanagement aber kümmert sich ab sofort der Schatten des designierten SPD-Chefs Müntefering: Bundesgeschäftsführer Kajo Wasserhövel

Müntes Signal: Seht her, ich will kein Nebenkanzler sein, kein neuer Herbert Wehner

AUS BOCHUM MARTIN TEIGELER

Bei der Machtübernahme in der SPD-Parteizentrale geht der designierte Parteichef Franz Müntefering auf Nummer sicher. Als neuen Bundesgeschäftsführer wird der Sauerländer seinen engsten Berater installieren. Karl-Josef „Kajo“ Wasserhövel soll neuer administrativer Kopf des sozialdemokratischen Parteiapparats werden. Seit beinahe zehn Jahren ist der 41-Jährige Vertrauter und Büroleiter Münteferings. Der kommende Generalsekretär Klaus Uwe Benneter darf das neue TV-Gesicht der SPD bei Christiansen, Illner & Co. geben. Der Manager im Willy-Brandt-Haus aber ist Wasserhövel. Er tritt seinen Job sofort an.

„Politik ist Organisation.“ So heißt einer der Lieblingssätze Franz Münteferings. Und der Organisator heißt Kajo Wasserhövel. Die rechte Hand Münteferings kümmert sich seit dessen Aufstieg in der Partei um die administrative Seite von Politik. 1995 wurde Wasserhövel zunächst Redenschreiber des damaligen nordrhein-westfälischen Arbeitsministers, folgte Münte auf diversen Stationen und ist heute Leiter des Planungsstabes der SPD-Fraktion. Die FAZ nennt Wasserhövel den „stillen Organisator der Macht“, die Süddeutsche „Schweiger“.

Benneter für die Glotze, Wasserhövel fürs Machen, das soll zugleich ein kunstvoll geschnürtes Personalpaket für die Spitze der SPD sein. Es soll zu der Art passen, mit der Müntefering den Bundeskanzler aus dem Parteiamt verabschiedet. Niemand darf glauben, Schröder sei „Kanzler von Münteferings Gnaden“. Das neue Machtgefüge in der SPD findet seine Entsprechung bei der Postenverteilung. Gerhard Schröder darf seinen Juso-Spezl und Tennis-Partner Benneter künftig General nennen. Und Müntefering hat seinen Mann für die echte Arbeit durchgesetzt, dem Kanzler gleichzeitig bei der Besetzung des Repräsentativpostens Generalsekretär den Vortritt gelassen. Der Kompromiss bei den Politjobs wirkt wie eine Geste des kommenden SPD-Chefs Müntefering: Seht her, ich will kein Nebenkanzler sein, kein neuer Herbert Wehner.

Ähnlich wie Müntefering kommt Kajo Wasserhövel aus der sozialdemokratischen Diaspora, dem CDU-dominierten Münsterland. In den 1980er-Jahren wurde der Jungsozialist beim Kampf gegen den Nato-Doppelbeschluss und endlosen Stamokap-Diskussion sozialisiert. „Kajo konnte Leute überzeugen“, erinnert sich ein Juso-Kollege. Vor allem bei der Nicaragua-Hilfe sei der junge Wasserhövel sehr engagiert gewesen, jedoch niemals als verbohrter Linker aufgefallen. „Kajo hat einen wunderbar trockenen Humor“, heißt es. Nach dem Geschichtsstudium in Münster machte Wasserhövel schnell Karriere in der Partei. Für den Parteimanager Müntefering organisierte er erfolgreich die Wahlkämpfe 1998 und 2002. Gemeinsam mit Parteisprecher Michael Donnermeyer und Bundesgeschäftsführer Matthias Machnig bildete Wasserhövel damals „Müntis Boygroup“ (Spiegel). Die drei jungen Gehilfen bauten das Willy-Brandt-Haus zu Münteferings Bastion aus – beste Vorarbeit für den neuen, alten Wirkungskreis Wasserhövels.

Wenn es sein muss, erledigt Müntes Verwaltungschef auch delikate Aufgaben. So musste er seinem Ziehvater im Frühjahr 2002 aus der Bredouille helfen. In der Kölner Parteispendenaffäre war der damalige SPD-Generalsekretär Müntefering unter Druck geraten, weil er angeblich schon frühzeitig über eine Liste mit Empfängern fingierter Spendenquittungen informiert war. Müntefering redete sich heraus, nur sein Büroleiter habe von der Existenz einer solchen Liste gewusst. Wasserhövel schwieg – und verhalf seinem Chef so aus der Schusslinie.

Im Streit um die Agenda 2010 ging Wasserhövel dem Fraktionschef bei der Mehrheitsbeschaffung für umstrittene Gesetze zur Hand. Vermeintliche und tatsächliche „Abweichler“ von der Fraktionslinie mussten ihre Bedenken schriftlich einreichen. Wasserhövel führte danach Gespräche mit den unsicheren Kantonisten, bevor Müntefering die hartnäckigsten Dissidenten persönlich ins Gebet nahm. Um dem Parteivolk die Reformen nahe zu bringen, organisierte Wasserhövel unlängst eine bundesweite Veranstaltungsreihe mit Müntefering. Die Reihen geschlossen halten, Mehrheiten und Zustimmung organisieren – auf Münteferings Allzweckwaffe kommt in den nächsten Monaten viel Arbeit zu. Schon fragen sich SPDler, welche Aufgaben eigentlich für den neuen Generalsekretär Benneter verbleiben: „Er wird nicht dringend gebraucht und organisieren kann Wasserhövel“, heißt es dazu.