Billige Medizin für Frauen

Bremer Forscher bemängelt Ungleichbehandlung

dpa ■ „Frauen bekommen die billigeren und älteren Medikamente.“ Diese alarmierende Feststellung traf jetzt Professor Gerd Glaeske vom Bremer Zentrum für Sozialpolitik. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz forderte er mit Gesundheitsexperten gestern in Berlin eine mehr auf Frauen zugeschnittene Forschung in der Medizin. „Wir haben eine männliche Sichtweise in der Medizin“, beklagte auch Irmgard Naß-Griegoleit, Vorsitzende der deutschen Women‘s Health Coalition. Vor allem ältere Frauen würden zu schnell und zu lange Psychopharmaka erhalten. Bei Herzinfarkt würden Frauen im Schnitt eine Stunde später ins Krankenhaus gebracht als Männer.

Christiane Laun, Oberärztin am Unfallkrankenhaus Berlin-Marzahn konnte zwar auch von einem umgekehrten Fall berichten: Blinddarmentzündungen würden bei Frauen doppelt so häufig mit der schonenderen und gut dreimal so teuren „Schlüssellochchirurgie“ (Laparoskopie) beseitigt als bei Männern. Die übrigen Patienten erhielten einen konventionellen Bauchschnitt. Doch sprach sich auch Naß-Griegoleit dafür aus, beim Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit (Bonn) nach amerikanischem Vorbild ein „Büro für Frauengesundheit“ einzurichten. In medizinischen Studien der 90er Jahre betrage der Frauenanteil nur rund 25 Prozent und in nur 14 Prozent der Studien seien die physiologischen Unterschiede von Männern und Frauen berücksichtigt worden.