: Die Ziele des Klassenstaates
betr.: „Jedem Arbeitslosen eine Chance“, Interview mit Fritz Kuhn, taz vom 4. 4. 03
Genau: Möglichst alle ausbeuten, nicht nur junge Mitarbeiter, und das maximal, wenn das nicht gerecht ist! Selten hat ein Verantwortungsträger so klar die Ziele des Klassenstaates ausgesprochen! Weit haben es die Grünen gebracht! Heute sind sie die Speerspitze des Standorts Deutschlands und lassen sich von der Konkurrenz längst nichts mehr vormachen. Dafür haben sie offenbar die richtigen Charaktermasken. Nur weiter so!
WOLFGANG RICHTER, Augsburg
Die sozialen Kürzungen, die Kuhn mit schönfärberischen Phrasen zu rechtfertigen versucht, werden ihn selber niemals treffen. Nicht zuletzt deshalb grenzt es an Zynismus, wenn ein gut versorgter Grüner den KritikerInnen des rot-grünen Kahlschlags empfiehlt, sich „das Gesamtkonzept der Agenda 2010“ anzusehen. Was hat ein Erwerbsloser vom Gesamtkonzept, wenn ihm die staatliche Unterstützung auf Sozialhilfeniveau gekürzt wird? Vom „Gesamtkonzept“ kann er kein menschenwürdiges Leben führen.
Ach ja, stand da nicht mal was von sozialer Grundsicherung im grünen Parteiprogramm? Auch beim kleinen Koalitionspartner gilt gegenüber den WählerInnen offensichtlich mittlerweile das gebrochene Wort. UWE TÜNNERMANN, Lemgo
Nun hat Herr Kuhn unübersehbar deutlich gemacht, wo die Grünen und andere Befürworter der Agenda 2010 stehen: auf der Seite derer, die die maximale Ausbeutung der Arbeitnehmer fordern! Die Unternehmen und die Unternehmer werden zunehmend von Steuerzahlungen entlastet: der Spitzensteuersatz sinkt nach den Plänen von Rot-Grün von 53 Prozent auf 42 Prozent und der Steuersatz für Kapitaleinkommen sinkt von 53 Prozent auf 25 Prozent mit der Zinsabgeltungssteuer.
Herr Kuhn erklärt allein die Beschäftigten für die Lage der Arbeitslosen verantwortlich und will die Lohnnebenkosten zusammenstreichen. Herr Kuhn lehnt damit die Bestandteile des Sozialstaates, die Rentenversicherung, die Arbeitslosenversicherung, die Krankenversichung, ab. All diese Transfereinkommen können nur aufgrund von Lohnnebenkosten erbracht werden.
Herr Kuhn erklärt Menschen, die drei Stunden täglich arbeiten können, für erwerbsfähig. Doch wer kann schon mit drei Stunden täglicher Arbeit seinen Lebensunterhalt bestreiten? Menschen, die zurzeit von Transfereinkommen leben, werden auf einen Arbeitsmarkt verwiesen, der keine Stellen bereitstellt. Leiharbeit soll es bringen. Also werden alle die Menschen, die zurzeit von Transfereinkommen leben, bestenfalls zu Tagelöhnern.
Und warum das alles: damit die Reichen noch reicher werden. […] JENS NIEMANN, Hamburg
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