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Archiv-Artikel

Die heiße Spur nach Liechtenstein

Im Prozess gegen Max Strauß ermittelt Bruder Franz Georg jetzt auf eigene Faust. Neue Beweise hat er nicht gefunden

AUGSBURG taz ■ Da war selbst der stets gelassene Richter Maximilian Hofmeister erstaunt. „Was, Sie waren letzte Woche noch in Liechtenstein?“ So viel detektivischen Tatendrang hätte er Franz Georg Strauß nicht zugetraut. Doch um seinen 44-jährigen Bruder Max Josef rauszuhauen, der wegen Steuerhinterziehung im Augsburger Landgericht auf der Anklagebank sitzt, spielt der 42-jährige Franz Georg schon mal den Lieutenant Columbo.

In Liechtenstein, so berichtete er bei seinem Auftritt als Zeuge, habe er aus Kreisen der Vaduzer VP-Bank neue Hinweise erhalten. Demnach seien jene 2,6 Millionen Euro an Provisionen, die sein Bruder zwischen 1988 und 1993 angeblich bekommen und nicht versteuert haben soll, bloß zwischen verschiedenen Konten des Waffenhändlers Karl-Heinz Schreiber hin und her geflossen.

Nur leider konnte Franz Georg Strauß keine Unterlagen präsentieren. Auch die Namen der Tippgeber mochte er partout nicht verraten – angeblich, weil er damit gegen liechtensteinische Gesetze verstoßen würde. Das ärgerte wiederum den leitenden Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz, der in einer Verhandlungspause grantelte: „Wenn er seinem Bruder wirklich helfen will, soll er doch ruhig riskieren, dass er mal fünf Jahre nicht nach Liechtenstein fahren darf.“

Der Zeuge blieb stur. In klassischer Strauß-Manier riet er der Staatsanwaltschaft, Recht und Gesetz ruhig außer Acht zu lassen, um an Informationen über die Geldströme zu kommen. Weil Liechtenstein in Steuerverfahren keine Rechtshilfe leistet, solle man eben einen neuen Vorwurf gegen seinen Bruder konstruieren, um an die nötigen Unterlagen zu kommen.

Doch fanden die Zahlungen, von denen der jüngere Strauß erfahren haben will, erst 1995 statt – lange nachdem Max Strauß das Geld auf ein Schweizer Konto bekommen haben soll, von dem es dann später nach Liechtenstein überwiesen wurde. Offen bleibt die entscheidende Frage, wer über das Schweizer Konto mit dem Namen „Maxwell“ verfügte.

Aber Franz Georg Strauß war nicht nur in Liechtenstein. Im August 2002 reiste er nach Kanada, um Karlheinz Schreiber zur Rede zu stellen. Der habe ihm hoch und heilig versichert, dass Bruder Max die Millionen nie bekommen habe – doch leider wolle auch Schreiber keine Unterlagen herausrücken. Dafür habe er versprochen, vor der Staatsanwaltschaft auszusagen. Darauf wartet man in Augsburg bis heute vergebens.

Erstaunlich einsilbig gab sich Franz Georg Strauß dagegen, als es in der Verhandlung um das Verhältnis seines Vaters Franz Josef und seines Bruders Max zu dem Waffenlobbyisten ging. Immerhin so viel gab der Zeuge zu Protokoll: Schreiber sei im Hause Strauß nicht mehr besonders gelitten gewesen, als bei einem Grundstücks-Deal in Kanada 4,6 Millionen kanadische Dollar aus dem Vermögen von Mutter Marianne verloren gingen.

Dass die 2,6 Millionen Euro an Provisionen eine Wiedergutmachung waren, bestritt Franz Georg Strauß aber energisch. Und von einem Vater-Sohn-Verhältnis zwischen Schreiber und Max Strauß wollte er schon gar nichts wissen. „Wer Franz Josef Strauß als Vater hatte, der brauchte keinen Vater-Ersatz“, donnerte der Sohn in den Saal. Die Lacher hatte er auf seiner Seite.

Nur einer verzog keine Miene. Max Strauß starrte mit weit aufgerissenen Augen auf seinen Bruder, als begreife er überhaupt nicht mehr, worum es eigentlich geht. Franz Georg ließ sich nicht beirren. Nach seinem Auftritt beschwor er die Journalisten vor dem Saal, doch mal nachzuschauen, „wo denn die Millionen gelandet sind“. Dann war er durch die Drehtür verschwunden. Sollte er direkt nach Liechtenstein gefahren sein, würde man sich nicht wundern.

JÖRG SCHALLENBERG