Keine Heere mehr

Die vierzehnjährige französische Bestsellerautorin Flavia Bujor stellte bei Dussmann ihre virtuelle Fantasy vor

„Das ist immer noch eine Werbeveranstaltung,“ lacht Viva-Moderatorin Milka Loff Fernandes ins Mikro und präsentiert dem staunenden Publikum die Autorin, um die es heute gehen soll: Mit gerade mal vierzehn Jahren hat Flavia Bujor einen Fantasy-Roman geschrieben, „Das Orakel von Oonagh“, der letztes Jahr in Frankreich zum Bestseller wurde und nun auch in Deutschland populär gemacht werden soll. Zu diesem Zweck wird Flavia während ihrer Lesung im Kulturkaufhaus Dussman die kesse Milka Loff Fernandes beigesellt, die gleich am Anfang beteuert, dass der Roman wirklich TOTAL spannend sei. Wie um diesen Spaß zu unterstreichen, liest Milka Loff Fernandes dann selbst Stellen der deutschen Übersetzung mit süffisanter Theatralik, die Flavia Bujor zuvor mit großem Ernst auf Französisch vorgetragen hat.

Der Roman selbst scheint bei der ganzen weiteren Veranstaltung dann sekundär zu sein. Fantasy-Romane sind eben Fantasy-Romane. Sie handeln vom Kampf des Guten gegen das Böse, von unterschiedlichen Kulturen und dem Umgang mit Magie. Tatsächlich würde es sich kaum lohnen, über Bujors Konglomerat aus Märchen, Mythos, Fantasy, Mädchenroman und Manga-Ästhetik nachzudenken, hätte sich in den Roman nicht eine ganz neue Art der Konfliktbewältigung eingeschlichen. Nicht mehr rüstungsbewehrte Heere schlagen sich hier die Köpfe ein, sondern Gewalt wird „telepathisch“, das heißt virtuell ausgetragen. Gepaart mit Bujors Zauberwort „Hoffnung“ entsteht so eine Art Fantasy, die sich nicht mehr im Handeln, sondern im Denken und Fühlen entwickelt. Doch was für die Lesung wichtiger ist als diese Besonderheit von „Das Orakel von Oonagh“, ist das zarte Alter der Autorin und ihre Fähigkeit, dem Publikum Antworten zu geben, die es hören will: dass ihre Eltern ihr viele Märchen erzählt haben, dass sie viel liest und schon seit langem schreibt, dass sie ein ganz normales Mädchen ist, das gerne schwimmt und auf Partys geht.

Kein Wunder also, dass Flavia Bujor sowohl das junge und vor allem auch zahlreich erschienene ältere Publikum für sich einnimmt und sich nach der Lesung eine lange Schlange vor dem Signiertisch bildet. Die Älteren können ihren Enkeln ein Buch mitbringen, und die Jungen können ihre eigene Schreibfähigkeit an der Bujors messen und hoffen, selbst einmal entdeckt zu werden. ANNETTE KAUTT