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Archiv-Artikel

Attentate ohne Ende im Irak

Mindestens 47 Tote bei Selbstmordanschlag vor Rekrutierungsbüro in Bagdad. Die Anschläge tragen zunehmend die Handschrift von al-Qaida und Ansar al-Islam

BAGDAD afp ■ Bei Anschlägen auf irakische Sicherheitseinrichtungen sind binnen 24 Stunden fast hundert Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Zivilisten. Einen Tag nach einer Bombenexplosion vor einer Polizeiwache in Iskandarija mit mindestens 55 Toten starben gestern bei einem Anschlag in Bagdad mindestens 47 Menschen. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich vor einem Rekrutierungsbüro der neuen irakischen Armee in einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug in die Luft, wie US-Militärsprecher mitteilten. Die Ausführung des Attentats weise auf al-Qaida oder deren Ableger Ansar al-Islam hin.

Augenzeugen zufolge waren zum Zeitpunkt der Explosion 150 bis 300 Männer vor dem Gebäude versammelt, die Aufnahmeanträge für die neuen irakischen Streitkräfte abgeben wollten. Unter den Toten waren laut US-Angaben auch drei Wachleute. Bis zu 40 Menschen seien verletzt worden. An den Ermittlungen seien FBI-Beamte beteiligt.

Der Anschlag glich dem Attentat vom Dienstag, bei dem vor einer Polizeiwache in Iskandarija ein Auto inmitten hunderter Zivilisten explodierte, die sich zum Polizeidienst melden wollten. Anschläge ähnlicher Machart im vergangenen Jahr waren der Organisation Ansar al-Islam des gesuchten Jordaniers Abu Mussab al-Sarkawi zugeschrieben worden. In einem vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Schreiben Sarkawis war eine Fortsetzung der Anschlagstaktik angekündigt worden. US-Generalstabschef Myers machte das Terrornetzwerk al-Qaida für einen „bedeutenden“ Anteil an der derzeitigen Gewalt in Irak verantwortlich. Dies gehe aus dem Dokument Sarkawis hervor.

Nach US-Angaben ruft der zur Fahndung ausgeschriebene Sarkawi in dem Papier radikalislamische Kämpfer in Irak dazu auf, Angehörige der schiitischen und sunnitischen Konfessionen gegeneinander aufzustacheln und einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Vor der geplanten Machtübergabe Ende Juni sollten Anschläge auf die schiitische Bevölkerungsmehrheit verübt werden, um damit einen Angriff auf die sunnitische Minderheit herauszufordern und so den politischen Übergang von der US-Zivilverwaltung zu einer irakischen Interimsregierung zu stören.

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