Politiker raus!

Parteien bleiben nun doch draußen: Eine „Tagesspiegel“-Stiftung soll Holtzbrinck grünes Licht für die Übernahme der „Berliner Zeitung“ sichern

von STEFFEN GRIMBERG

„Größere Verlagseinheiten“ müssten her, konkurrierende Zeitungen sollten ihr „übertriebenes Gegeneinander einstellen“ – was WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach da als seine Vision für die deutsche Presselandschaft vortrug, dürfte Musik in den Ohren der Veranstalter gewesen sein: Der ehemalige Bundesminister in WAZ-Diensten sprach diese Woche beim „Zukunftsforum Medien“ des Handelsblatts. Und dessen Mutterkonzern Holtzbrinck will im Berliner Zeitungsmarkt genau das durchsetzen: größere Einheiten bei weniger Konkurrenz.

Holtzbrincks Berliner Tagesspiegel und die Berliner Zeitung, die der Konzern im Herbst gekauft hatte, sollen unter einem gemeinsamen Verlagsdach erscheinen. Redaktionell blieben beide Titel getrennt und unabhängig, eine Stiftung, so der Entwurf des Stuttgarter Medienkonzerns, soll hier besonders den Tagesspiegel absichern. Konkrete Einzelheiten zur Stiftungsidee, die in dieser Form ein Novum im deutschen Medienmarkt wäre und seit gut zehn Tagen in der Branche diskutiert wird, sind rar. Immerhin: Im Stiftungskuratorium sollen entgegen dem ersten Modell voraussichtlich doch keine Politiker vertreten sein. Für diesen Vorschlag habe es „nicht so viel Gegenliebe gegeben“, sagt Rolf Aschermann, Kommunikations-Chef des Holtzbrinck-Konzerns: „Das mussten wir einsehen.“ Weiterhin für die quasi öffentlich-rechtliche Tagesspiegel-Stiftung vorgesehen sind offensichtlich aber Repräsentanten der quotenstärksten Sender (derzeit: ARD und RTL), Vertreter der großen Politmagazine sowie laut Fachdienst epd-Medien der Industrie- und Handelskammer, des Deutschen Richterbunds, des Instituts der Wirtschaftsprüfer, der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg und der Hochschulrektorenkonferenz. Hierbei, so Aschermann zur taz, handele es sich „ausdrücklich um Benennungsrechte“, das heißt, die genannten Organisationen entschieden autonom, wen sie in das Gremium entsenden.

Dass von den in den Medien ventilierten Personen – vom ARD-Vorsitzenden und NDR-Intendanten Jobst Plog über RTL-Geschäftsführer Gerhard Zeiler bis zu den Chefredakteuren Stefan Aust (Spiegel) und Helmut Markwort (Focus) – keiner von seinem Glück weiß, ist laut Aschermann Programm: Offiziell angefragt ist noch niemand. Die Stiftung könne erst eingerichtet werden, „wenn dies als Auflage im Zuge der Ministererlaubnis“ festgelegt sei. Dies „wäre aber dann nicht unsere Aufgabe“, so Aschermann: „Wir haben mit niemandem gesprochen. Wir wollen schließlich nicht in den Ruch geraten, dass wir hier schon im Vorfeld Einfluss nehmen wollen.“ Die dennoch ins Gespräch Gebrachten halten sich teils vornehm zurück (TV-Sender), teils machen sie aus ihrem Unmut über die Vorgehensweise kein Hehl: Er habe keinesfalls Zustimmung signalisiert, in einen „ominösen Stifterkreis“ einzutreten, zitierte die Welt am Sonntag den Spiegel-Chef Stefan Aust. Beim Tagesspiegel zeigte sich Chefredakteur Giovanni di Lorenzo dagegen „angesichts der Stiftung erleichtert. Deutlicher kann ein Verleger nicht zeigen, dass er es Ernst meint mit der publizistischen Unabhängigkeit“, diktierte er der Süddeutschen.

Nachdem das Bundeskartellamt Ende vergangenen Jahres den Kauf der Berliner Zeitung durch Holtzbrinck untersagt hatte, weil der Konzern mit dem Tagesspiegel bereits eine der insgesamt drei regionalen Abonnementszeitung der Haupstadt kontrolliert, bemüht sich das Medienhaus (Zeit, Buchverlage Rowohlt und Fischer, Regionalzeitungen) derzeit um eine Sondererlaubnis durch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD).

Holtzbrincks Hauptargument: Falls die so genannte Ministererlaubnis nicht erteilt werde, müsse man den Tagesspiegel einstellen, da das Blatt allein wirtschaftlich „nicht lebensfähig“ sei. Dies wird von anderen Berliner Verlagen – auch der taz (siehe Kasten) – bestritten.

Während das Wirtschaftsministerium jegliche Stellungnahme ablehnt und darauf hinweist, dass erst am 22. April ein öffentlicher Erörterungstermin in Sachen Holtzbrinck ansteht, verströmt der Konzern selbst Optimismus: „Die Signale sind sehr positiv“, sagte Grabner am Rande des „Zukunftsforums Medien“. Und sogar die früher selbst an der Berliner Zeitung interessierte WAZ-Gruppe äußerte reserviertes Verständnis: „Jeder kann’s machen, wie er will, es darf nur nicht Schule machen.“