DIE NEUE IG-METALL-FÜHRUNG HAT EINEN GOOD GUY UND EINEN BAD GUY : Lebensnah im Klassenkampf
Die Gewerkschaften haben seit langem Probleme mit ihrem Image. Und das wird sich mit der Nominierung von Jürgen Peters als neuem Chef der IG Metall nicht ändern. Peters hat nämlich bei der letzten Tarifverhandlung vor allem „Geld, Geld, Geld“ für die Arbeitnehmer gefordert und gilt nicht zuletzt deshalb als so genannter Traditionalist. Seine Nominierung wird also leichthin als Hinweis darauf gedeutet, dass sich die IG Metall auch künftig nicht reformfreudiger geben wird als bisher. So weit das Image – doch die Realität ist widersprüchlicher.
Jede Gewerkschaftsführung steht heute vor einem Problem: Sie muss glaubwürdig sein, und zwar nach außen und nach innen. Dabei helfen keine Parolen, die mit der Erfahrung vieler Menschen und der Wirklichkeit vieler Gewerkschafter vor Ort nichts mehr zu tun haben. Schließlich werden längst in vielen Betrieben flexible Entlohnung, neue Arbeitszeiten erprobt. Mancherorts wird vom Tarifvertrag nach unten abgewichen – und das mit Billigung der örtlichen Gewerkschaftsvertreter. Bei den letzten Tarifverhandlungen wurde im Übrigen eine Generalklausel eingeführt, die das Abweichen vom Tarifvertrag in Sanierungsfällen erlaubt. Die örtlichen Gewerkschaftsvertreter sind anpassungsbereit, weil sie das sein müssen. Nur traut sich die Führung nicht, das offen zu sagen. Als zu groß scheint die Gefahr, dass ein Gewerkschaftschef schwach wirken könnte, wenn er auf die üblichen Parolen verzichtet.
Genau in diesem Konflikt liegt die Chance der neuen Führung aus dem „Traditionalisten“ Peters und seinem künftigen Vize, dem „Reformer“ Huber. Sie müssen sich nur die Rollen untereinander aufteilen: Peters als der Mann für die starken Sprüche und Huber als Interviewpartner für die leiseren, praxisbezogeneren Töne. Peters als der Klassenkämpfer, der „Bad Guy“ für die Arbeitgeber, Huber als der Moderator, der „Good Guy“, der jederzeit lebensnah aus der betrieblichen Praxis plaudern kann. Insofern kann die neue Führung aus zwei Männern, die sich angeblich gar nicht leiden können, doch interessanter werden, als es zuerst scheint. Es stimmt nicht, dass alles beim Alten bleiben muss in der IG Metall. BARBARA DRIBBUSCH