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Archiv-Artikel

Reviersozis auf Schröder-Niveau

Der Bundeskanzler entmachtet, die Ruhrgebiets-SPD geschwächt: Durchhalteparolen vor heutigem Landesparteitag der Sozialdemokraten. Schröder und Müntefering auf Basisbesuch in Bochum

VON MARTIN TEIGELER

In den Bochumer SPD-Landesparteitag starten die Revier-Sozialdemokraten genauso geschwächt wie Bundeskanzler Gerhard Schröder. Während der zurückgetretene Parteichef heute erneut seine Reformpolitik verteidigen muss, präsentiert sich die Ruhrgebiets-SPD im Dauertief. In Oberhausen haben die Genossen mit Burkhard Drescher den prominentesten SPD-Rathauschef verloren, in Gladbeck und Essen liegen die Sozialdemokraten im Clinch, tausende Mitglieder sind ausgetreten – knapp ein halbes Jahr vor der NRW-Kommunalwahl stehen die Zeichen für die Revier-Genossen auf Niederlage. „Der Landesparteitag muss helfen, das Blatt zu wenden“, fordert Norbert Römer, Vorsitzender der SPD-Region Westliches Westfalen.

“Es gibt ganz viel Gesprächsbedarf“, sagt Gewerkschafter Römer. Bundeskanzler Schröder, sein designierter Nachfolger als Parteichef Franz Müntefering und NRW-SPD-Boss Harald Schartau müssten den Bochumer Delegierten heute „Geschlossenheit“ vermitteln. „Es muss wieder heißen: Bund und Land, Hand in Hand“, sagt Römer.

„Schröder und Müntefering dürfen nicht nur die heilige Zweifaltigkeit demonstrieren“, sagt Marc Herter, Landesvorsitzender der Jungsozialisten. Es könne nicht bei oberflächlichen Debatten über „Vermittlungsprobleme“ und „Reformtempo“ bleiben. Statt das Wichtige tun, „das Richtige tun“, wandelt Juso Herter das offizielle Reklamemotto der Partei ab. Der SPD-Nachwuchs fordert die Schaffung eines Ausbildungsfonds für Jugendliche. Auch an der Agenda 2010 wollen viele Linke aus dem Ruhrgebiet Änderungen durchsetzen. Die halbe Gemeindefinanzreform, die Schlechterstellung der Betriebsrenten – Schröder und Müntefering werden sich einiges anhören müssen.

Die SPD im Ruhrgebiet knüpft ihre Hoffnung an den Führungswechsel von Schröder zu Müntefering. „Der Parteitag muss ein Aufbruchsignal geben“, sagt Andreas Krebs, Chef der Oer-Erkenschwicker SPD. Krebs musste gerade den Verlust von einem Dutzend Jungsozialisten hinnehmen, die zu den Grünen gewechselt sind. Anderen SPD-Verbänden geht es noch schlechter: In Gladbeck hat die SPD nach jahrelangen Streitigkeiten noch immer keinen Bürgermeister-Kandidaten. Essens SPD ist über den skandalumwitterten Genossen Willi Nowack gespalten. Die Bochumer SPD muss damit leben, dass NRW-Sozialministerin Birgit Fischer ihr einen Korb als Spitzenkandidatin gab.

Am schlimmsten hat es die Oberhausener Genossen getroffen. Nach dem Rücktritt von Oberbürgermeister Drescher gilt jetzt ausgerechnet NRW-SPD-Generalsekretär Michael Groschek als Nachfolgehoffnung. „Die Landespartei braucht Groschek“, sagt ein Präsidiumsmitglied. Der Parteimanager müsse schließlich den schwersten Kommunalwahlkampf überhaupt organisieren. Ein Genosse: „Wer soll den Job denn sonst machen?“