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Archiv-Artikel

David will Goliath

VON STEPHAN KOSCH

Der Solaranlagenhersteller SolarWorld will die vier deutschen Opel-Standorte sowie das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim übernehmen und das Unternehmen zum „ersten grünen Autokonzern“ machen. Bis zu 1 Milliarde Euro möchte SolarWorld investieren, sofern es eine Bürgschaft vom Bund bekäme. Von der Opel-Mutter GM will sich das Unternehmen zudem 40.000 Euro pro Arbeitsplatz als Kompensation bezahlen lassen – das brächte wiederum 1 Milliarde Euro. Börse und Branchenexperten zeigten sich mit Blick auf die Realisierungschancen skeptisch, die Aktie des Bonner Konzerns verlor bis zu 20 Prozent.

Das ficht den SolarWorld-Chef Asbeck aber nicht an. „Kennen Sie die Geschichte von David und Goliath? Größe war noch nie entscheidend“, sagte Asbeck der Nachrichtenagentur AFP. Schließlich sei auch ein riesiger Konzern wie die Opel-Mutter General Motors (GM) von der Pleite bedroht. „Wichtig ist, dass man Zukunftsmärkte erkennt.“ Und die liegen für den Unternehmer in der Produktion von Elektro- und Hybridfahrzeugen. SolarWorld experimentiert bereits mit Rennwagen, die mit Sonnenenergie angetrieben werden. Und schließlich werde im Entwicklungszentrum in Rüsselsheim der Chevrolet „Volt“ entwickelt, ein Elektrofahrzeug, mit dem GM aus der Krise kommen will.

Bereits vor zwei Jahren hatte Asbeck, Gründungsmitglied der Grünen in Nordrhein-Westfalen und Besitzer eines Maserati mit 400 PS, schon einmal durch eine spektakuläre Übernahme Schlagzeilen gemacht. Damals kaufte SolarWorld für rund 100 Millionen Euro das auf Silizium basierende Solargeschäft des Shell-Konzerns. Der Ölgigant begründete den Verkauf damals mit der geplanten Konzentration auf die modernere, aber noch unausgereifte Dünnschichtzellentechnologie.

SolarWorld hat die Shell-Standorte in die schwarzen Zahlen gebracht. 2007 machte das Unternehmen unterm Strich 117 Millionen Euro Gewinn, es beschäftigt gut 2250 Mitarbeiter. SolarWorld zählt neben Sharp und BP zu den weltweit führenden Solarfirmen.

Doch die Erfolge in der Solarbranche überzeugen Autoexperten nicht. „Eine Automobilproduktion aufzubauen bedeutet jahrelange Investitionen in die Entwicklung, sagte Stefan Bratzel, Automobilexperte an der Fachhochschule Bergisch-Gladbach der taz. „Das kostet sehr viel Geld.“ Zudem glaubt Bratzel nicht, dass GM Opel hergibt, vielmehr brauche der Konzern Europa, um langfristig zu überleben. Sein Urteil zu der Offerte: „Absolut unrealistisch“.

Anders sieht das Ferdinand Dudenhöffer vom Marktforschungsinstitut CAR. Die Aussichten für Opel wären „dann besser als im Verbund mit GM“. Die Opel-Mutter habe viele falsche Entscheidungen getroffen. Ähnlich äußerte sich der Leiter der Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW), Wolfgang Meinig: „Mir ist nichts lieber als die Vorstellung, dass das Drama nach 80 Jahren beendet wird. Opel sollte wieder ein deutsches Unternehmen werden.“

Daraus dürfte so schnell nichts werden. Opel stehe nicht zum Verkauf, hieß es aus der Konzernzentrale in Detroit. Solche Überlegungen seien „pure Spekulation“.

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