Zu viele US-Fahnen

In Frankreich sind die amerikanischen Siegerposen vielen Rechten zu heftig. Linke warnen eh vor US-Imperialismus

PARIS taz ■ George Bush will die Rolle der UNO für den Nachkriegsirak „vital“. Jacques Chirac will sie „zentral“. Ob die beiden damit weiterhin konträre Positionen haben oder ob die Wahl der Adjektive bereits der Anfang einer Wiederannährung zwischen Paris und Washington ist, muss sich zeigen. Vorerst sprechen die Präsidenten nicht direkt miteinander, sondern nur über Tony Blair. Aber in Paris werden seit dem Fall Bagdads jene Stimmen im rechten Lager lauter, die Chiracs harte Opposition gegen Bushs Kriegspolitik kritisieren und jetzt vor allem eine schnelle Aussöhnung mit Washington verlangen. Dieselben bedauern auch, dass es Blair abgelehnt hat, an dem Treffen von Chirac, Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Gerhard Schröder teilzunehmen, das heute in St. Petersburg beginnt.

Chirac selbst, der fast drei Wochen lang zum Krieg geschwiegen hatte, erklärte gestern, Frankreich freue sich „wie alle Demokratien“ über den Sturz Saddam Husseins und wünsche ein „schnelles und effizientes“ Ende der Kämpfe. Nun gehe es darum, schnell humanitäre Hilfe in den Irak zu bringen. „So bald wie möglich“, müsse der Irak dann „volle Souveränität zurückerhalten – mit der Legitimität der Vereinten Nationen und in einer stabilisierten Region“. Die USA erwähnte Chirac nicht.

Die US-Fahne, die kurzfristig den Kopf einer Saddam-Hussein-Statue in Bagdad bedeckte, hat in den französischen Medien viele beschäftigt. Der rechte Figaro druckte sie – in Farbe auf Seite eins. Auch die Plünderung des französischen Kulturinstitutes und der deutschen Botschaft in Bagdad unter den Augen der GIs besorgt manche in Paris. Doch die rechte Regierung will neue Spannungen mit Washington vermeiden. Die Antikriegsbewegung ihrerseits hält an ihrer für morgen geplanten Demonstration fest. „Es geht jetzt nicht darum, ein Plätzchen in den Nachkriegsszenarien zu erbetteln“, schrieb gestern die kommunistische Zeitung Humanité, „es geht um große diplomatische Initiativen und um eine Opposition gegen die imperialistische Strategie der USA“.

DOROTHEA HAHN