: Muss der Kapitalismus überleben?
betr.: „Im Irrenhaus“, taz vom 14. 11. 08
Der beste Kommentar zur derzeit mit allen Kräften herbeigeredeten Krise kam von Reiner Metzger. Danke! Aber sollte sich die taz auf zynisches Abseitsstehen und x-fach wiederholtes Mainstreamgejammer über nach unten korrigierte Wachstumsraten und Gewinnverluste (Abnehmende Gewinne sind immer noch Gewinne; oft wird das schon als Krise dargestellt!) beschränken? Nützt die Schwarzmalerei den Journalisten so viel?
Brauchen wir nicht vielmehr jede Menge intensiven Gedankenaustauschs über brennende grundsätzliche Fragen zum Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, ja, Ideen für eine Neuordnung unserer jetzt in vielfacher Hinsicht außer Rand und Band geratenen Welt, die unsere ganz offensichtlich völlig hilf- und ratlosen Politiker so dringend nötig hätten? Wo sind unsere Thinktanks in der taz zu finden, wo ein Revival der „Grenzen des Wachstums“-Diskussion der 70er-Jahre? Wäre es nicht dringend an der Zeit, öffentlich über die Frage nachzudenken, wie viel Wirtschaftswachstum der Kapitalismus braucht bzw. ob er bei „Nullwachstum“ überleben kann? Ob er überhaupt überleben muss oder ob wir nicht die vierfache Krise (ökologisch, finanziell, wirtschaftlich und sozial) endlich zum Anlass nehmen sollten, neue Wirtschaftssysteme zu entwickeln. Wo sind die Entwürfe? Wäre es nicht sehr viel verdienstvoller für die taz als fortschrittlich-intellektuelles Blatt, diese zu suchen, interessante Streitgespräche, „Pro und Contra“ und Buchauszüge zu bringen statt ganzseitige Reportagen über Campinos Abneigungen? taz-Leser erwarten mehr. Das hat die Flut von Protestmails, die Ihr ehrlicherweise abgedruckt habt, gezeigt! SABINE MIEHE, Marburg