Ratspolitiker favorisieren die Fortführung des „Kölner Modells“

In Köln befürchtet man nach Inkrafttreten der Arbeits- und Sozialgesetze (Hartz IV) Anfang 2005 Mehrausgaben und setzt auf Kooperation zwischen Sozialamt und Arbeitsagentur

KÖLN taz ■ Der Ratsbeschluss vom Donnerstag, im rechtsrheinischen Köln ein zweites Jobcenter aufzubauen, ist nach Auffassung der Kölner Grünen eine Vorentscheidung für die Fortsetzung der Kooperation zwischen Sozialamt und Arbeitsamt auch nach dem Inkrafttreten von Hartz IV Anfang 2005. Laut Hartz IV können sich die Kommunen noch bis zum 31. August entscheiden, ob sie mit ihrer örtlichen „Agentur für Arbeit“ eine Arbeitsgemeinschaft bilden oder das „Optionsmodell“ wahrnehmen und sich alleine um die Betreuung von Langzeitarbeitslosen kümmern wollen.

Zwar hatten führende Stadtpolitiker wiederholt erklärt, dass sie das Jobcenter, in dem Sozialamt und die Kölner Agentur für Arbeit schon seit 2001 zusammen die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger betreuen, auch in Zukunft für Köln favorisieren. So sagte Sozialdezernentin Marlis Bredehorst der taz: „Mit unserem bundesweit beachteten Kölner Modell haben wir hervorragende Vermittlungsquoten in den ersten Arbeitsmarkt vorzuweisen. Daher sollten wir so weitermachen.“ Gleichzeitig jedoch wollte Bredehorst ebenso wie Kölns OB Fritz Schramma (CDU) das Optionsmodell noch nicht völlig ausschließen, da Modalitäten und finanzielle Rahmenbedingungen nicht fest stehen.

Diese Einzelheiten werden erst in einem „Ausführungsgesetz“ festgelegt, das das Bundesarbeitsministerium bis April in den Bundestag einbringen will. Nach der Ratsentscheidung aber scheint das Optionsmodell für Köln mehr oder weniger vom Tisch. Grünen-Fraktionsvize Jörg Frank jedenfalls ließ per Pressemitteilung verbreiten, dass CDU und Grüne „beim Kooperationsmodell bleiben“ wollten. Das Optionsmodell dürfte „in jedem Falle erhebliche finanzielle Nachteile für die Stadt haben“.

Auch der Pressesprecher der Kölner Agentur für Arbeit, Wolfgang van Ooyen, schätzt die Stimmung im Stadtrat nach dem Beschluss derzeit eher „pro Kooperation“ ein. Die Verhandlungen zwischen Stadt und Arbeitsagentur dafür liefen auch bereits, so van Ooyen. Zwar seien die Zuständigkeiten in der „Arbeitsgemeinschaft“ durch Hartz IV festgelegt, „doch der Teufel steckt im Detail“.

Fest steht jedenfalls, dass das Sozialamt für die Zahlung der Unterkunftskosten und die psychosozialen Dienste wie Schuldner- und Suchtberatung zuständig ist, während das Arbeitsamt die Auszahlung des zukünftigen „Arbeitslosengeld II“ und die Arbeitsvermittlung machen wird, also ganz so, wie es bislang schon im Kölner Modell praktiziert wird. Wer aber wo wie viel Leute brauche, wo und wie Räumlichkeiten und „Schnittstellen“ eingerichtet werden, muss laut van Ooyen noch verhandelt werden.

Neben der Frage, ob und wie das Jobcenter mit Hartz IV weitergeführt werden soll, berechnet laut Jörg Frank die Kölner Verwaltung derzeit die finanziellen Auswirkungen der Hartz-Gesetze auf die Stadtkasse; das Sozialdezernat hatte letzte Woche bekannt gegeben, dass ab 2005 rund 100 Millionen Euro jährliche Mehrkosten auf die Stadt zukommen werden. Der Grund: Das Wohngeld, das die Kommunen bislang von den Ländern erstattet bekommen, müssen sie nach Hartz IV komplett alleine bezahlen. Außerdem werde die Stadt Köln durch die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum „Arbeitslosengeld II“ künftig die Unterkunftskosten für sehr viel mehr Menschen übernehmen müssen, erklärte Sozialdezernentin Marlis Bredehorst der taz. Zu den bisherigen 19.000 Sozialhilfeempfängern kämen noch rund 32.000 Arbeitslosenhilfeempfänger, die dann – aufgrund des niedrigeren Arbeitslosengeld II – auch Anspruch auf Übernahme der Unterkunftskosten hätten. Die Kommunen profitierten also nicht von Hartz IV, wie es aus Berlin gerne heiße, sondern sind „immer die Letzten“, an denen die Kosten hängen blieben, meint Bredehorst.

Das sieht man beim Bundesarbeitsministerium freilich anders. So verwies Pressereferent Alexander Schieferdecker gegenüber der taz darauf, dass die Länder durch den Wegfall des Wohngelds jährlich um 2,4 Milliarden Euro entlastet würden. Und sie hätten im Vermittlungsausschuss zugesagt, diese Ersparnis an die Kommunen weiterzugeben. Da sollte Marlis Bredehorst doch mal in Düsseldorf anklopfen. Susanne Gannott