Veränderliche Bedingungen

Auch das Real Time Music Meeting steht vor dem Aus, nachdem die Kulturbehörde die Förderung streicht

Kulturpolitik ist Haushaltspolitik ist symbolische Politik. Diesen Sachverhalt bekommen in Hamburg derzeit viele Künstler und Initiativen zu spüren. Zum Beispiel das Real Time Music Meeting, ein Festival für improvisierte Musik, das die Trompeterin Birgit Ulher seit 1993 jährlich in Altona veranstaltet. Jahr für Jahr lädt sie zehn Musiker und Musikerinnen aus ganz Europa zu einem intensiven Konzertwochenende ein; aus den unterschiedlichen Begegnungen entsteht eine so authentische wie nicht vorhersagbare Musik – in Echtzeit.

Diese Programmatik passt offenbar nicht mehr in das kulturelle Konzept des Senats. Birgit Ulher erhielt von der Kulturbehörde den Bescheid, dass in diesem Jahr keine Förderung des Festivals mehr vorgesehen sei. Gut ein Jahr nach Amtsantritt von Dana Horáková als parteilose Senatorin für Kulturelles im Schwarz-Schill-Senat werden die Schwerpunkte der Hamburger Kulturpolitik neu gewichtet.

Die Behörde verweist auf die 104.000 Euro, um die zum Beispiel die Unterstützung der privaten Hamburger Symphoniker nach zwölf Nullrunden-Jahren erstmals angehoben wurde – auf rund 2,9 Mio Euro. Auch das Modellprojekt „HipHop geht zur Schule“, mit dem Kulturbehörde und Deutsche Phonoakademie Hamburger Schülern das Rappen näher bringen wollen, benötigt Gelder, die zum Beispiel bei dem Altonaer Improvisations-Festival eingespart werden.

Der Spareffekt freilich dürfte sich in Grenzen halten, denn die beantragte Fördersumme betrug gerade einmal 3700 Euro, und bewilligt wurden im letzten Jahr nur noch 2800 Euro. Der kulturpolitische Sprecher der SPD, Holger Christier, sagte gegenüber der taz hamburg: „Das ist Ausdruck einer Weichenstellung, die ich für falsch halte.“ Hier werde ein Projekt kaputtgespart, weil es nicht in die Vorgaben passe.

Nach zehn Jahren international beachteter Arbeit droht Ulher nun das gleiche Schicksal wie etwa schon dem Frauenmusikzentrum – ihre Initiativen werden von Kultursenatorin Horáková schlicht als unnötig empfunden.

Ulher möchte sich mit dieser Marginalisierung nicht abfinden und sucht Sponsoren, um das Real Time Music Meeting trotzdem veranstalten zu können. Denn improvisierende Musiker sind es gewohnt, sich auf veränderliche Rahmenbedingungen einzustellen, mitunter auch mit lauten Ausbrüchen darauf zu reagieren. Tobias Richtsteig

Informationen und Kontakt unter www.real-time-music.de