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Archiv-Artikel

Kein Kalif in Ehrenfeld

Metin Kaplans islamistischer „Kalifatstaat“ soll in der Kölner Lichtstraße seine neue Zentrale haben. Doch Ermittler wollen davon nichts wissen. Das Objekt sei nur eins von vielen verdächtigen Gebäuden

VON FRANK ÜBERALL

Metin Kaplan ist immer wieder eine Schlagzeile wert. Dem Islamistenführer, der sich selbst „Kalif von Köln“ nennt, werden inzwischen zwei neue Zentralen seiner verbotenen Organisation „Kalifatstaat“ angedichtet. Einerseits soll die Gefahr bestehen, dass sich seine Anhänger wieder auf dem beschlagnahmten Vereinsgelände in Nippes versammeln, andererseits will der Kölner Stadt-Anzeiger erfahren haben, dass die „neue Zentrale“ in der Ehrenfelder Lichtstraße errichtet worden sei.

Die Ermittler, auf die das Blatt sich berief, wollten davon gestern allerdings nichts wissen. „Das sind doch alles keine Neuigkeiten“, sagte Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt auf Anfrage der taz. Auch in Kreisen von Polizei und Verfassungsschutz wird das so gesehen. Schließlich waren die Räume bereits im Juli vergangenen Jahres durchsucht worden, und auch bei der Razzia des Bundeskriminalamtes im Dezember war das Gebäude eines von 1.170 bundesweit, bei denen der Verdacht auf islamistische Umtriebe bestand.

Damals waren belastende Dokumente in der ganzen Republik gefunden worden, unter anderem auch bei einem Vorbeter aus der Lichtstraße. Sollte sich hier jedoch eine ganze Ansammlung des einst starken Kalifatstaats niedergelassen haben, so heißt es aus Sicherheitskreisen, hätte man sicher mehr gefunden. Bei der Generalbundesanwaltschaft wird gegen die Anhänger des verbotenen „Kalifatstaats“ nach wie vor ermittelt. Bei den bundesweiten Durchsuchungen Ende vergangenen Jahres waren schließlich nicht nur in Köln belastende Materialien gefunden worden.

Unabhängig davon wartet vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster der Abschiebungsantrag der Bundesrepublik gegen Kaplan auf Entscheidung. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte zuvor geurteilt, dass der „Kalif“ wegen drohender Folter in seiner türkischen Heimat nicht abgeschoben werden dürfe. Außerdem erwarte ihn in der Türkei kein fairer Strafprozess.

Kaplan hatte wegen Aufrufs zum Mord vier Jahre lang in Düsseldorf in Haft gesessen. „Wenn ein zweiter Kalif auftaucht, während es bereits einen Kalifen gibt, schlagt dem zweiten den Hals ab“, soll er über einen Konkurrenten damals gesagt haben. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis soll er nach Angaben seiner Verteidigerin der Gewalt abgeschworen haben. Das wiederum stellen die Sicherheitsbehörden in Frage. Der „Kalifatstaat“ war als erste islamistische Organisation nach Streichung des Religionsprivilegs aus dem Vereinsgesetz im Dezember 2001 verboten worden.